Eine „Roadmap“ für den Frieden in Kaschmir

Indien und Pakistan vereinbaren bei ihren Gesprächen über Gespräche erste Verhandlungen im Frühsommer

DELHI taz ■ Indien und Pakistan haben sich bei ihren ersten Gesprächen in Islamabad gestern auf einen Zeitplan für Friedensverhandlungen geeinigt. In einer gemeinsamen Erklärung beteuerten beide Länder ihre „feste Absicht, auf dem Weg zu Frieden, zu mehr Sicherheit und wirtschaftlichem Wohlstand für ihre Völker fortzufahren“. Sie wollen in einem „umfassenden Dialog“ alle Themen ansprechen, „einschließlich jenes von Jammu & Kaschmir“.

Die beiden Staatssekretäre, welche die dreitägigen Beamtengespräche gestern zum Abschluss brachten, werden sich nach den für April angesetzten indischen Parlamentswahlen im Mai oder Juni (vermutlich in Delhi) treffen, um die beiden wichtigsten Punkte – Frieden und Sicherheit einschließlich vertrauensbildender Maßnahmen sowie Kaschmir – zu besprechen.

Im gleichen Zeitraum werden in separaten Gesprächen und auf technischer Ebene die anderen sechs Bereiche diskutiert: die zwei Territorialdispute Sir Creek und Wullar-Stauwehr, der Frontabschnitt von Siachen, Terrorismus und Drogen, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen sowie Personenverkehr. Schon im März oder April sollen die beiden Chefs der Grenztruppen wieder regelmäßige Kontakte aufnehmen. Auf Wunsch Pakistans wird eine separater Dialog über vertrauensbildende Schritte im kritischen Bereich der Nuklearwaffen begonnen. Ein Außenministertreffen soll im August die Fortschritte überprüfen.

Bei einer Pressekonferenz äußerten sich die beiden Staatssekretäre befriedigt über ihre Gespräche. Sie bewegen sich in einer positiven Richtung, meinte der Inder Shashank. Sein pakistanischer Kollege Riaz Khokar fügte hinzu, beide Seiten seien sich einig, dass Krieg keine Alternative ist. Das Einvernehmen über die Modalitäten und den Zeitraum bilde eine erste „Roadmap“ für den Frieden. Bereits zuvor hatte Pakistans Militärmachthaber Pervez Musharraf bei einer Rede vor kaschmirischen Geistlichen gesagt, dass der Friedensprozess auf gutem Weg zu einer Lösung sei, „die für alle akzeptabel ist, insbesondere für die Kaschmirer“.

In der indischen Stadt Hyderabad kommentierte Außenminister Yashwant Sinha die Fortschritte ebenfalls positiv. Er sei zuversichtlich, dass bereits bald zwei neue Busrouten und Grenzübergänge – in Rajasthan und in Kaschmir – eröffnet werden. Auch die beiden Konsulate in Bombay und Karachi sollen demnächst ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Sinhas Amtskollege Khurshid Kasuri hatte am Tag zuvor die Hoffnung geäußert, dass Indien in Kaschmir selber bald einmal Bedingungen für Frieden im Tal von Srinagar schaffen möge. Indien betont dagegen, dass die Infiltration aus Pakistan zwar stark zurückgegangen sei, dass das Terrornetzwerk aber noch weitgehend intakt ist. Es kommt täglich zu neuen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Untergrundkämpfern und der indischen Armee, bei denen auch Zivilisten getötet werden.

Die Kommentare der politischen Opposition in Srinagar zur Annäherung zwischen Delhi und Islamabad sind denn auch gefärbt vom anhaltenden Klima der Angst und Unsicherheit vor Ort. Während sich die pro-pakistanischen Gruppen in Schweigen hüllen, äußern die auf ein unabhängiges Kaschmir eingeschworenen Parteien ihre Furcht, dass sich die beiden Länder über ihre Köpfe hinweg einigen. BERNARD IMHASLY

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