Nur Luschen in US-Hand

Unter den von den USA festgenommenen Irakern aus der Führungsmannschaft Saddam Husseins ist bisher kein großer Fang auszumachen. Saddam angeblich im Irak mit Söhnen auf der Flucht

BAGDAD/BERLIN dpa/ap/taz ■ Die USA haben an Wochenende zwei weitere hohe irakische Regierungsvertreter festgenommen – doch wo sich Saddam Hussein selbst aufhalten könnte, blieb immer noch unklar. Der Exdiktator, seine beiden Söhne und Präsidialminister Abis Hamid Mahmud repräsentieren auf einem 55-teiligen Satz Spielkarten die hochwertigen Asse. Mit dem in großer Auflage unter der Bevölkerung verteilten Kartensatz suchen die USA nach der ehemaligen irakischen Führungsspitze. Bisher sind den Truppen aber nicht einmal Bauern oder Damen, sondern nur Vieren, Fünfen, eine Sieben, eine Acht und eine Neun in die Hände gefallen.

Am Sonntag fassten die Amerikaner den früheren Forschungs- und Bildungsminister Abdel Ghafar, der als Herz-Vier auf Platz 54 der US-Fahndungsliste steht. Von ihm werden Hinweise auf das irakische Atomprogramm erhofft. Allerdings hatte die UN-Atomenergiebehörde (IAEO) vor Beginn des Krieges erklärt, ihr lägen keine Informationen über eine Fortführung des irakischen Atomprogramms vor.

Am Vortag war der stellvertretende Premier und Finanzmininster Hikmat Misban Ibrahim al-Assawi in Haft gekommen. Die Nummer 45 auf der Fahndungsliste (Karo-Acht) wurde nach US-Angaben von irakischer Polizei in Bagdad entdeckt und den Marines übergeben.

Zudem ergab sich nach Angaben der bisherigen Oppositionsgruppe Irakischer Nationalkongress (INC) ein Schwiegersohn Saddam Husseins namens Dschamal Mustafa Abdallah Sultan. Die Nummer 40 (Kreuz-Neun) der US-Liste soll sich zuletzt in der syrischen Hauptstadt Damaskus aufgehalten haben. Der syrische Außenminister lehnte eine Stellungnahme ab.

Die USA, denen Abdallah Sultan überstellt werden soll, haben seine Festnahme bisher nicht bestätigt. Mit ihm wären insgesamt sieben Männer aus Saddam Husseins Führungsriege in Haft. Darunter befinden sich der frühere Präsidentenberater Amir al-Sadi (Karo-Sieben), Saddams Halbbrüder Watban Ibrahim Hasan (Pik-Fünf) und Barsan Ibrahim Hasan (Kreuz-Fünf). Ferner ist der Chef der Baath-Partei für Ostbagdad, Samir Abdel Asis al-Najim (Kreuz-Vier), in Haft. Ali Hassan al-Madschid, als „Chemie-Ali“ für die Massenmorde an Kurden 1988 verantwortlich, ist wahrscheinlich bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen.

Der entmachtete irakische Präsident Saddam Hussein und seine Söhne Kusai und Udai sollen noch leben und sich nach Angaben von Ahmed Chalabi vom Irakischen Nationalkongress noch im Land selbst aufhalten. „Ja, er ist im Irak“, sagte Chalabi gestern in einem BBC-Interview. Man bekomme von Zeit zu Zeit Informationen über die Positionen der drei Gesuchten, jedoch erst 12 bis 24 Stunden nachdem die flüchtige Kleinfamilie weitergereist sei, sagte der Chef des Nationalkongresses. „Wir können Saddam nicht lokalisieren“, gab Chalabi zu. Saddams Sohn Kusai sei demnach zuletzt in der Nacht zum Sonntag in Habanjia rund 70 Kilometer westlich von Bagdad gesehen worden.

Eine unabhängige Bestätigung dieser Informationen war am Montag nicht erhältlich. KLH