Schröder will Länderfusionen

Bundesjustizministerin Zypries: 140 Verwaltungsapparate von Länderministerien sind teuer und machen das Regieren kompliziert. Bundeskabinett beschloss, das Thema Länder-Neugliederung dürfe „nicht dauerhaft ausgeklammert“ werden

Vor allem die kleineren Bundesländer lehnen eine Neugliederung abEine Länderneugliederung hält Helmut Schmidt für „unausweichlich“

taz ■ „Das Thema Länderneugliederung darf nicht dauerhaft ausgeklammert werden.“ So knapp und eindeutig steht es in einem Beschluss der Bundesregierung, der als Entwurf eines Konzeptes für die „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ Ende Juni mit den Staatsministern der Bundesländer verhandelt werden soll. Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), die die Arbeit der Bundesregierung an dem Thema koordiniert, hat die Aufgabe, diesen Beschluss „öffentlich zu kommunizieren“, erklärte ihre Sprecherin Christiane Wirtz. Ende des Jahres soll mit den Bundesländern ein gemeinsames Konzept auf den Tisch gelegt werden. Das bedeutet: Die Bundesregierung muss einen Kompromiss mit den CDU-Ländern finden, die seit Jahren in ihrer Mehrheit für eine Länderneugliederung eintreten.

Die Notwendigkeit der Länderfusion begründet die Juristin Zypries so: „Wir haben 16 Länder, das ist eine große Zahl: 16 Ministerpräsidenten, etwa 140 Minister, jeweils die Verwaltungsapparate. Und alle Länder behandeln alle Themen. Das ist schon ein sehr großer Aufwand, der dazu herausfordert, die Struktur zu überdenken.“

Die Justizministerin gilt seit langem als „Schröders Spezialistin für besondere Aufgaben“, wie die Financial Times Brigitte Zypries einmal beschrieb. Schröder holte die heute 49-jährige Juristin 1991 aus dem wissenschaftlichen Dienst des Bundesverfassungsgerichtes in seine Staatskanzlei nach Hannover. Dort stieg Zypries auf und wurde 1997 Staatssekretärin im Landeskabinett. Als Schröder nach Berlin ging, nahm er Zypries mit – als Staatssekretärin bei Innenminister Otto Schily. Im neuen Kabinett wurde sie Justizministerin.

Auch für die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung hätte eine Länderneugliederung Vorteile, argumentiert Zypries. „Die Abstimmungsprozesse unter den Ländern und mit dem Bund würden leichter und schneller und damit auch kostengünstiger.“ Ein erster Schritt könnte aus Sicht der Bundesregierung die Fusion von Berlin und Brandenburg (2009) sein.

Vor allem die betroffenen kleineren Bundesländer lehnen bislang eine Neugliederung ab. Hamburg steht dagegen der Idee eines Nordstaates eher positiv gegenüber. Rheinland-Pfalz befürwortet ein Zusammengehen mit dem Saarland. CDU-Politiker haben sich immer wieder für eine Länderneugliederung ausgesprochen. Auch in der SPD gibt es gewichtige Stimmen dafür. Zuletzt hatte Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt verkündet, die Minister kleiner Bundesländer und Senatoren der Stadtstaaten „bilden sich ein, sie seien Politiker. In Wirklichkeit sind sie Verwalter.“ Das einzige Feld, auf dem diese Regierungsvertreter „uneingeschränkt agieren“ könnten, sei die Personalpolitik. „Deswegen spielt die auch eine viel zu große Rolle in der so genannten Landespolitik.“ Eine Länderneugliederung hält Schmidt für „unausweichlich“, den Nordstaat für „die richtige Größenordnung“. Die meisten Bundesländer seien „Kunstgebilde, geschaffen durch die Alliierten“, erinnert er.

In der Wahl-Umfrage der CDU von 2003 war auch nach der Meinung der Bremer zum Thema Selbstständigkeit gefragt worden. Obwohl alle politischen Parteien dafür sind, gibt sich nur eine knappe Mehrheit der Bevölkerung davon überzeugt. Für den CDU-Landesvorsitzenden Bernd Neumann haben die genaue Zahl und die Fragestellung den Charakter einer vertraulichen Information von Politikern – er weigerte sich, beides zu nennen.

Modelle einer länderübergreifenden Zusammenarbeit ohne förmliche Fusion, die in Bremen der Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, favorisiert, haben bisher nur geringfügige Bereiche erfasst. Berlin und Brandenburg haben wie Bremen und Niedersachsen einen Verkehrsverbund. Das Saarland und Rheinland-Pfalz verfügen gerade über eine gemeinsame Landeszentralbank, ein Bergamt sowie ein Landesarbeitsamt. kawe