Dreiergipfel setzt „Prioritäten“

Schröder, Chirac und Blair wollen die EU zur weltweit stärksten Wirtschaftsregion machen. Grüner Daniel Cohn-Bendit kritisiert Pläne für EU-Super-Kommissar

BERLIN dpa/afp/taz ■ Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen in Brüssel den Posten eines Vize-Kommissionspräsidenten für wirtschaftliche Reformen schaffen. Laut Agenturmeldungen geht dies aus der gemeinsamen Abschlusserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), dem französischen Präsidenten Jacques Chirac und dem britischen Premierminister Tony Blair hervor, die gestern bei dem Dreiergipfel in Berlin vereinbart wurde.

Der künftige Vizepräsident solle die Arbeit verschiedener Ressorts koordinieren und die in Lissabon im Jahr 2000 formulierten Wachstums- und Beschäftigungsziele der EU voranbringen, heiße es in der Erklärung.

Der Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl, Daniel Cohn-Bendit, kritisierte die Bestrebungen, einen solchen EU-Superkommissar zu schaffen. Dies wäre eine „Rückkehr zur traditionellen Wachstumspolitik“. Der Kanzler meine offenbar, „dass deutsche Industrieinteressen so besser vertreten werden“, sagte Cohn-Bendit. Zu glauben, dass Kommissare nationale Interessen verträten, sei aber das Ende der EU-Kommission. „Ich sehe das nicht kommen.“

Dessen ungeachtet forderten Schröder, Chrirac und Blair übereinstimmend verstärkte Anstrengungen, um das Ziel des Lissaboner EU-Gipfels zu erreichen, Europa bis 2010 zur dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Region weltweit zu machen. „Europa muss eindeutige Prioritäten setzen für Wachstum und Beschäftigung“, sagte Schröder bei dem Treffen in Berlin. Blair empfahl die Konzentration auf Schlüsselfragen wie die lebenslange Qualifikation von Arbeitnehmern, die Vernetzung von Industrie und Wissenschaft sowie die Schaffung günstiger europäischer Rahmenbedingungen. Chirac verlangte mehr Investitionen in Bildung und Forschung.

Schröder verteidigte den Gipfel gegen scharfe Kritik aus Italien und kleinen EU-Mitgliedsländern, die vor einem „Direktorium“ der drei Großen gewarnt hatten. „Wir wollen niemanden dominieren, schon gar nicht Europa“, sagte der Kanzler nach dem Treffen. Chirac nannte es „ganz normal“, dass die Regierungen der drei Länder, die über mehr als 50 Prozent der Wirtschaftskraft in Europa verfügten, ihre Politik abstimmten.