Raser in den Knast gedrängelt

Gericht verurteilt Drängler und Raser zu einer Haftstrafe ohne Bewährung. DaimlerChrysler will sich von Testfahrer trennen. Verkehrsclub ACE fordert härtere Strafen für Verkehrs-Rambos

KARLSRUHE dpa ■ Der Karlsruher Autobahnraser ist wegen fahrlässiger Tötung einer Mutter und ihrer kleinen Tochter zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Das Amtsgericht Karlsruhe sah es am Mittwoch als erwiesen an, dass der DaimlerChrysler-Ingenieur im vergangenen Juli durch rücksichtslose Drängelei auf der Autobahn 5 den tödlichen Unfall verursachte. Die Verteidigung kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Der Führerschein des 34-Jährigen wird für 18 Monate eingezogen. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt. Der Autokonzern DaimlerChrysler kündigte nach dem Urteil an, man wolle sich von dem Mitarbeiter trennen. Die monatelange Fahndung nach dem Raser hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Polizei überprüfte mehr als 500 Mercedes-Fahrzeuge. Mit dem Strafmaß habe das Gericht „nicht das Volk oder die Presse befriedigen“ wollen, betonte die Richterin Brigitte Hecking. Die Indizien hätten eindeutig gegen den Angeklagten gesprochen, der eine Verwicklung in den Unfall bestreitet. Die vier Hauptzeugen hätten das tragische Unfallgeschehen übereinstimmend und glaubwürdig geschildert.

Demnach war der Mann am 14. Juli 2003 kurz vor 5.30 Uhr mit seinem Dienstwagen vom DaimlerChrysler-Werk Sindelfingen aufgebrochen, um zur Teststrecke nach Papenburg in Niedersachsen zu fahren. Kurz vor 6 Uhr überholte er auf der Autobahn 5 bei Karlsruhe drei Wagen, in denen die vier entscheidenden Zeugen saßen. Mit Tempo 220 bis 250 raste er bis auf wenige Meter auf den KIA-Kleinwagen der 21-Jährigen zu. Vor Schreck riss die Frau ihr Lenkrad nach rechts herum. Ihr Auto kam ins Schleudern und prallte neben der Fahrbahn gegen zwei Bäume. Die Mutter und ihre zweijährige Tochter wurden auf der Stelle getötet.

Der Verkehrsclub Deutschland forderte nach dem Urteilsspruch „härtere Strafen für Verkehrs-Rambos“ und ein generelles Tempolimit von 120. Der ADAC hält das Urteil für gerechtfertigt: Das Strafmaß liege im harten Rahmen einer Rechtsprechung, von der auch eine gewisse Abschreckung ausgehen solle. „Hier wurde im wahrsten Sinne des Wortes ein Urteil im Namen des Volkes gefällt“, sagte ein Sprecher des Auto Clubs Europa (ACE). Er deutete zugleich Zweifel an, ob das Urteil in zweiter Instanz Bestand haben werde.

Die Richterin kritisierte Kollegen des DaimlerChrysler-Ingenieurs, die sich auf Erinnerungslücken berufen hatten. In keinem Verfahren habe sie jemals eine „derartige Widerwilligkeit“ von Zeugen erlebt, auf Fragen zu antworten. Umso glaubwürdiger seien Aussagen von Kollegen gewesen, dass der 34-Jährige schon länger als Raser bekannt gewesen sei. Die Mutter der getöteten Frau sagte nach dem Urteil: „Das ist eine gewisse Genugtuung, auch wenn es nicht viel ist.“

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