Kindergarten-Demokratie

Der Verein „Mehr Demokratie“ wirbt für Bürgerbetei-ligungen. In Dortmund fehlte allerdings das Interesse

Dortmund taz ■ Daniel Schily hat mehr Zuhörer erwartet. Aber mit der Demokratie ist das nicht ganz so einfach. Eigentlich hat jeder Bürger seine Verantwortung zu tragen, findet Schily. Und eigentlich hätten sich auch mehr Menschen in der Katholischen Hochschulgemeinde in Dortmund einfinden müssen, um ihm zu lauschen. Daniel Schily ist Landesgeschäftsführer des Vereins „Mehr Demokratie“ und für selbige hat er sich in seinem Vortrag stark gemacht.

Zehn treue Vereinsmitglieder nicken bedächtig als Schily von „Politikverdrossenheit“ und „grundsätzlicher Demokratieskepsis in Deutschland“ spricht, ja sogar von „Politiker- und Parteienhass“ ist die Rede. Der ist deutlich zu spüren bei einigen Zuhörern: „Das ist doch kriminell, was das Politikergesocks anrichtet.“ Ja, ja, viele seien verärgert, beschwichtigt Schily. Doch mit einer Kindergarten-Demokratie käme man nicht weiter. Er beobachte eine kindische Mentalität: „Alle sagen, die Politiker sollen die Probleme lösen. Die da oben haben es falsch gemacht.“ Mit mehr Bürgerbegehren und -entscheiden könne man die Sachpolitik selbst in die Hand nehmen. Dafür setzt sich der Verein seit 15 Jahren ein. In Dortmund fühlt sich Schily an die Anfänge der Vereinsgründung erinnert: „Damals hatten wir Probleme, sieben Mitglieder zusammen zu bekommen.“

Mehr direkte Demokratie wie in der Schweiz, das wünschen sich Schily und Co für Deutschland. In Nordrhein-Westfalen sucht der Verein immer wieder Bündnispartner für Bürgerentscheide in bestimmten Sachfragen.

Seit 1994 gibt es in NRW eine neue Kommunalverfassung. 269 Bürgerbegehren sind seither auf den Weg gebracht worden. Die BürgerInnen in NRW machen laut Innenministerium nach Bayern am häufigsten von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Gebrauch. Trotzdem muss mehr passieren, fordert der Verein. „Die gesellschaftliche Moral, Dinge selbst umzusetzen, ist niedrig“, beklagt Schily.

Immer wieder zieht er die Schweiz als Beispiel heran. Er glorifiziere nicht die Schweiz, „aber die sind aktiver.“ Utopisch findet er das Ganze nicht. „Vielleicht“, hofft Schily, „bekommen wir ja die ganze Welt an einen Tisch.“ Bedächtig nicken die 10 Zuhörer.

MERJAM WAKILI