Flache Hügel, tiefe Täler

Hamburgs scheidender Datenschutzbeauftragter Hans-Herrmann Schrader zieht zum Abschied eine kritische Bilanz der Anti-Terrorgesetzgebung.

„Wir sehen für Unbeteiligte erhebliche Einschränkungen von Grundrechten durch die Anti-Terror-Gesetze“

Ein glücklicher Mensch sieht anders aus. Auch wenn Bald-Pensionär Hans-Hermann Schrader sich bemühte, seinen letzten Tätigkeitsbericht betont humorvoll zu präsentieren, dominierten die sorgenvollen Untertöne. „Datenschutz auf Berg- und Talfahrt“ hatte Hamburgs Datenschutzbeauftragter seinen Vortrag ausgewogen überschrieben, doch das Fazit zeigte in eine andere Richtung: Flache Höhen, tiefe Täler.

Besonders besorgt den scheidenden Datenschützer das Bündel an Anti-Terror-Maßnahmen, das Bundesregierung und der Hamburger Sicherheit-zuerst-Senat nach dem 11. September geschnürt haben. Ob Rasterfahndung, großer Lauschangriff oder die in Hamburg im April startende Regel-Sicherheitsprüfung von Ausländern – Schrader konstatiert in allen Punkten „erhebliche Grundrechtseinschränkungen auch für Unbeteiligte“, die mit effektivem Datenschutz kaum zu vereinbaren seien.

Problematisch sei vor allem die Regelüberprüfung von Ausländern, von der in Hamburg 10.000 Menschen betroffen sein dürften. Schrader: „Solange sie läuft, gibt es keine Aufenthaltspapiere und damit auch keine Wohnung und keine Arbeit.“ Bei der nach dem 11. September angelaufenen Rasterfahndung hätten vor allem die Hochschulen eilfertig personenbezogene Daten ihrer Studenten an die Innenbehörde übermittelt, die gar nicht angefordert worden waren. „Wir haben in diesen Bereichen Niederlagen eingesteckt, die nicht schönzureden sind“, bringt Schrader-Mitarbeiter Herbert Janßen es auf den Punkt.

Da einige Anti-Terror-Regelungen zeitlich befristet sind, will der Datenschutzbeauftragte „darauf hinwirken“ dass diese nicht einfach verlängert werden. Denn die Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativumfrage zeigen, dass 46 Prozent aller Bürger sich einen besseren Datenschutz wünschen, während nur sechs Prozent meinen, er könnte auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt werden.

Niedrig ist das Niveau schon heute beim Datenabgleich der BAföG-Ämter mit den Finanzbehörden, der – laut Schrader – ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Auch für eine Ausweitung verdachtsunabhängiger Personenkontrollen durch die Polizei – von Innensenator Nockemann vehement gefordert – gäbe es keinen rechtlichen Rahmen.

Auf die „Bergfahrten“ des Datenschutzes angesprochen, fiel Schrader bezeichnenderweise nur ein Thema ein, dass mit der Hamburg rein gar nichts zu tun hat: Die geplante Aufnahme des Grundrechts auf Datenschutz in die Europäische Verfassung.

Marco Carini