Kopftuchverbot noch nicht sicher

PDS dementiert Meldung, sie sei im Streit mit dem Koalitionspartner SPD eingeknickt. Doch ein Verbot auch für Lehrerinnen wird immer wahrscheinlicher. Gesetzentwurf nach den Osterferien

VON ROBIN ALEXANDER

Stimmt die PDS nun doch einem Kopftuchverbot auch für Lehrerinnen zu? Diese Frage bewegte gestern die rot-rote Koalition. Ja – sagen Innenpolitiker der SPD hinter vorgehaltener Hand. Nein – erklärten hingegen PDS-Politiker wie der Abgeordnete Udo Wolf: „Unsere Differenzen sind entgegen anders lautender Berichte nicht ausgeräumt.“ Die richtige Antwort lautet hingegen: Noch nicht offiziell.

Verhandlungspartner sind in diesem Fall Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der sich früh auf eine Verbot festgelegt hat, die Innen- und Rechtspolitiker der SPD-Fraktion, die geschlossen für ein Verbot eintreten, und ihre Kollegen von der PDS, die ein Verbot ablehnen und die Mehrheit ihrer Fraktion hinter sich haben. Die Bemühungen, die schwer vereinbaren Positionen doch noch unter einen Hut zu bringen, sind tatsächlich weit gediehen.

Vom Tisch sind frühere Überlegungen aus der SPD-Fraktionsspitze, die Kopftuchfrage gemeinsam mit anderen Streitpunkten der rot-roten Koalition zu entscheiden. Auch bei der Richtlinienkompetenz des Regierenden Bürgermeisters, bei der konkreten Gestaltung des geplanten Studienkontenmodells und beim politischen Bezirksamt gibt es Dissens, der in diesem Frühjahr aufgelöst werden muss. Hier hätte sich ein Kuhhandel angeboten. Den wird es aber nicht geben: „Wir machen keine sachfremden Geschäfte in dieser Frage“, erklärt Udo Wolf kategorisch.

Geplant ist vielmehr ein „Integrations-Kompromiss“. Der sieht vor, dass es ein Verbot des Kopftuches für Polizistinnen, Beamtinnen im Publikumsverkehr und Lehrerinnen gibt, wie es die SPD wünscht. Die PDS bekommt im Gegenzug ein Integrationsförderungsgesetz und einen offiziellen Dialog mit Islamischen Vereinen, den PDS-Kultursenator Thomas Flierl koordinieren soll. Ein Integrationsförderungsgesetz war zuletzt 2001 geplant und wurde von der großen Koalition abgewürgt. Die Gesetzentwürfe sollen bereits nach den Osterferien eingebracht werden.

Dumm für die PDS, dass die Absprache jetzt schon an die Öffentlichkeit kam. Im März sind noch zwei öffentliche Veranstaltungen geplant, auf der die PDS die öffentliche Verbotskritik bündeln und für sich nutzen wollte. Die wächst nämlich: Die langjährige, hoch angesehene Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU), die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und andere politisch profilierte Frauen teilen die Skepsis, die im Parlament nur von der PDS artikuliert wird.

Die geplante Profilierung als Bürgerrechtspartei wird schwieriger, wenn schon bekannt ist, dass die PDS am Ende doch zustimmt. Deshalb sah sich der Abgeordnete Giyas Sayan gestern in der Fraktionssitzung auch heftiger Kritik ausgesetzt. Der kurdische Abgeordnete hatte den Bericht einer Zeitung bestätigt, alles sei schon in trockenen Tüchern. „Ich konnte nichts machen“, wehrte sich Sayan in der geschlossenen Sitzung, „die Journalistin hat mich mit Informationen aus der Innenverwaltung konfrontiert.“

„Wenig hilfreich“, kommentierte ein PDSler, dem sehr an einem Kompromiss liegt. Denn auch die Fraktion selbst war vorher nicht informiert. Neben einer prinzipiellen Aversion gegen Verbote hegen viele PDS-Abgeordnete auch einen Groll auf die SPD, die dieses Thema ohne Rückfrage mit dem Koalitionspartner auf die Agenda setzte. „Mittelschichtsängste“ werden dem SPD-Bildungssenator und Verbotsbefürworter Klaus Böger vorgeworfen, „der will den harten Innensenator markieren“, heißt es über Körting. Offen ist nun, wie die PDS mit der neuen Situation umgeht. Udo Wolf umging gestern im Parlament das Problem und appellierte an die Verbotsbefürworter aller Fraktionen: „Wichtig ist, was in dem Kopf drin ist, was rauskommt, und nicht, was drauf sitzt.“