Milošević’ Freunde sind wieder da

Serbiens Sozialisten tolerieren die Minderheitsregierung. Das stößt auch auf Kritik

BELGRAD taz ■ Nach drei Jahren sind sie in Serbien wieder präsent, die Sozialisten von Slobodan Milošević. Während ihrem Parteichef vor dem UNO-Tribunal in Den Haag der Prozess gemacht wird, stolziert der nationalistisch-sozialistische Nachwuchs von einem Fernsehender zum nächsten und nimmt den Mund voll mit Begriffen wie „Demokratie“, „Marktwirtschaft“ und „Privatisierung“. Die Sozialistische Partei Serbiens (SPS) sei bereit, ihrem Volk zu dienen und die nationalen Interessen Serbiens zu verteidigen, verkündete selbstgefällig der Funktionär, Ivica Dačić. Man werde „im Interesse Serbiens“ eine Minderheitsregierung unterstützen.

Diese Regierung ist die Koalition der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) unter Führung des jugoslawischen Expräsidenten Vojislav Koštunica mit drei weiteren Parteien, die im Parlament aber nur 109 der 250 Abgeordneten stellen. Koalitionsverhandlungen mit der Demokratischen Partei (DS) des ermordeten Regierungschefs Zoran Djindjić waren nach den vorgezogenen Wahlen Ende Dezember gescheitert. Bei der Wahl des neuen Parlamentspräsidenten Anfang des Monats kam der DSS-Kandidat nur mit den 22 Stimmen der Milošević-Sozialisten durch.

Doch die Wiederkehr der Vertreter der einstigen Regierungspartei auf die politische Bühne stößt auch auf Kritik. „Das ist einfach zum Kotzen“, sagt der 36-jährige Rechtsanwalt Zoran Radovanović. Dies seien die gleichen Leute der SPS, die noch vor wenigen Jahren die Opposition als „Nato-Söldner“, „fünfte Kolonne“ und „Verräter“ beschimpft, Serbien von einem Krieg in den anderen geführt, ausgeplündert und zerstört hätten. Diese Leute seien an der Macht gewesen, als die Polizei Massenproteste gegen das Regime niederprügelte, als Regimekritiker spurlos verschwanden oder auf offener Straße liquidiert wurden.

Einige kritische Medien warnen, die Partnerschaft Koštunicas mit der SPS bedeute nichts anderes als eine Amnestie für das von Kriegen, Morden und ethnischer Säuberung erfüllte Jahrzehnt unter der Herrschaft von Slobodan Milošević. Die DSS kündigte drohend an, alle „Machenschaften“ der Regierung Djindjić genauestens zu überprüfen. Die systematische Plünderung Serbiens unter Milošević, die Zerstörung von Vukovar, der Massenmord in Srebrenica oder die Belagerung von Sarajevo sind in Serbien kaum noch ein Thema. Was die sozial ruinierten Bürger Serbiens davon halten, zeigt die Tatsache, dass die ultranationalistischen serbischen Radikalen (SRS) des wegen Kriegsverbrechen in Den Haag angeklagten Vojislav Šešelj die mit Abstand stärkste Partei geworden sind.

Vergebens mahnten Vertreter der EU, dass sich ein Comeback der Milošević-Sozialisten negativ auf die internationale Lage Serbiens auswirken würde. Die USA wollen zunächst abwarten, ob die neue Regierung ihre internationalen Verpflichtungen einhält. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen.

ANDREJ IVANJI