Misslungener Brückenschlag

Die Überbrückung von West zu Ost scheitert im niedersächsischen (Neu-)Darchau an einer Ortsdurchfahrt. Am morgigen Sonntag wird erstmals demonstriert

Hamburg taz ■ Seit die Mauer weg ist, soll die Brücke her. Als die innerdeutsche Grenze sich öffnete, lagen sich die Wessis aus Neu-Darchau und die Ossis aus Darchau und Neuhaus in den Armen, und schworen sich, in Zukunft alles zu überbrücken, was sie ehemals trennte – etwa die Elbe. Damit da in der geographischen Mitte zwischen Bleckede und Hitzacker zusammenwächst, was lange nicht zusammengehörte.

Seit 1993 sind Neu-Darchauer und Darchauer nun vereinte Niedersachsen, doch die verbindende Brücke ist noch immer ein Planspiel. Und ein Zankapfel. Denn die Neu-Darchauer wünschen sich zwar sehnlich den Brückenschlag gen Nordosten, nicht aber die geplante Autotrasse zur Elbüberquerung hin. Denn die soll aus Kostengründen mitten durch ihren Ort führen. Mehr Autos, mehr Lärm, schlaflose Nächte und eine erhöhte Unfallgefahr sehen die Neudarchauer nun auf sich zukommen. 84 Prozent der Ortsbewohner sind deshalb gegen die ortsmittige Brückenanbindung und fordern eine Umgehungsstraße.

Doch der Lüneburger Kreistag setzt auf die Billiglösung ab durch die Mitte. Die zu erwartende Erhöhung der Ortsdurchfahrten von 2.400 auf 3.500 Kraftfahrzeuge werde den Lärm nur unterhalb der Wahrnehmungsschwelle anwachsen lassen, zudem werde durch diese Trassenvariante am wenigsten in die Natur eingegriffen, argumentieren die Landkreisplaner.

Das Planfeststellungsverfahren ist bereits angelaufen. Mitte kommenden Jahres soll der Bau der 885 Meter langen und gut 20 Millionen Euro teuren Elbbrücke samt Zuwegung beginnen, 2007 die ersten Fahrzeuge über die Elbe rollen. Die heute dort verkehrende Elbfähre, an der 11 Arbeitsplätze hängen, müsste dann ihren Betrieb einstellen.

Damit es soweit nicht kommt, erlebt Neu-Darchau am morgigen Sonntag ein Novum. Auf einer „Brücken-Demonstration“ will ein Großteil der rund 1.000 Einwohner der Nachbarorte Neu Darchau und Katemin gegen den „Lüneburger Wahnsinn“ zu Felde ziehen. „Wir wollen nicht die Autobahn für den Verkehr zwischen Lüneburg und Schwerin werden“, gibt sich Oliver Elvers von der Bürgerinitiative Neu Darchau kämpferisch. Und er räumt ein, dass die ehemalige Grenzregion wieder geteilt ist: in Gegner und Befürworter der Brückenlösung. Marco Carini