Eltern zahlen bald mit der Kita-Card

Der Senat möchte bis 2005 eine Kita-Card einführen. Damit soll die tatsächliche Betreuung abgerechnet werden, nicht mehr das Angebot an Plätzen. Das Modell klingt innovativ und modern – und ist gerade in Hamburg gescheitert

Es gibt Dinge aus Hamburg, die auch in Berlin Sinn machen: Universal brachte mit seinem Umzug Geld und Glamour in die Hauptstadt. Der FC St. Pauli hat auch in Kreuzberg Fans. Der Hamburger Senat als inspirierende Kraft ist da schon fragwürdiger – zumindest wenn eine Idee wie die Kita-Card kopiert werden soll, die schon in der Hansestadt nicht funktioniert hat. In Hamburg wurde sie im Juni letzten Jahres eingeführt, sorgte ein paar Monate für Chaos und liegt seit Oktober letzten Jahres auf Eis. In Berlin soll sie bis 2005 eingeführt werden.

Kita-Card, das klingt modern und innovativ, und genau das verspricht Bildungssenator Klaus Böger (SPD) auch. Die Card soll wie ein Gutschein funktionieren, auf dem der individuelle Betreuungsanspruch der Eltern notiert wird. Diesen können sie landesweit in einer Kita ihrer Wahl einlösen. Das Betreuungsangebot der Kitas wird dann durch den Bedarf der Eltern bestimmt. Die Kitas reichen die Gutscheine an die Bezirke weiter und erhalten ihr Budget je nach Anzahl der tatsächlich vergebenen Plätze statt wie bisher auf Basis der verfügbaren Plätze.

Um Einsparungen gehe es bei dem neuen System nicht, so Rita Hermanns, Sprecherin von Bildungssenator Böger, stattdessen sollen „die Bedürfnisse der Eltern viel stärker in den Fokus rücken“. Zudem solle durch die Praxis, nur für belegte Plätze zu zahlen, ein qualitätssteigernder Wettbewerb der Kitas untereinander entstehen, erklärt Hermanns. „So werden die Eltern zu Kunden, die Ansprüche stellen.“

Diese Argumente lässt Andreas Goßlau vom Landeselternausschuss Kindertagesstätten (LEAK) nicht gelten. „Der Senat nimmt sich durch diesen künstlich erzeugten Wettbewerb nur aus der Pflicht, endlich einheitliche Qualitätsstandards für die Kitas zu schaffen“, kritisiert er. Auch die neue Flexibilität bei der Kita-Suche sei keine Verbesserung, da bereits jetzt für die Eltern freies Wahlrecht in Nachbarbezirken und bei den freien Trägern auch darüber hinaus gelte. Durch die landesweite Platzwahl und die geplante Privatisierung der Kitas bis 2005 werde sich die Situation für Eltern, die ihre Kinder nur halbtags oder kürzer betreuen lassen wollen, erheblich verschlechtern, prognostiziert Goßlau. Insgesamt sieht Goßlau den Nutzen der Kita-Card hauptsächlich auf Seiten des Senats: „Vermutlich geht es nur um weitere Einsparungen“, befürchtet er.

Das Hamburger Vorbild für die Card wurde letzten Sommer von Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) gestartet. Vier Monate später legte er sein Amt nieder. Sein „Kita-Card-System“ hatte tausende Kinder um ihren Kindergartenplatz gebracht. Ein Debakel, das sich in Berlin nicht wiederholen wird, meint die Sprecherin des Bildungssenators: „Die Idee ist zwar die gleiche, aber die Bedingungen sind in Berlin ganz andere.“ In Hamburg habe man nämlich von vornherein zu wenig Plätze gehabt und Gutscheine mit unerfüllbaren Ansprüchen ausgegeben. In Berlin hingegen gäbe es genug Kitaplätze, so dass sich tatsächlich ein gesunder Wettbewerb entwickeln könne.MAREN BEKKER