Die Gläubiger rücken an

Nächste Woche will der Senat das Tempodrom verkaufen. Aber die Forderungen der Baufirmen und Banken von ein bis zwei Millionen Euro lassen für Finanzsenator Sarrazin nichts mehr übrig

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Einen Satz des CDU-Fraktionschefs im Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, kann die Unternehmerin eines kleinen Berliner Baubüros nun gar nicht verstehen: „Am Tempodrom“, hatte Zimmer im Zusammenhang mit den möglichen unrechtmäßigen Zuwendungen öffentlicher Mittel und privater Verflechtungen beim Bau des Kulturzelts gesagt, „haben viele verdient.“ Aber das Unternehmen wartet, wie andere an der Entstehung des 30 Millionen Euro teuren Tempodroms am Anhalter Bahnhof beteiligte Firmen auch, bis heute auf sein Geld.

Rund 30 Gäubiger haben noch Rechnungen offen, unter ihnen Handwerker, Techniker, Ingenieure und Banken. Die gesamten Außenstände belaufen sich auf 1 bis 2 Millionen Euro, wie ein Gläubiger gegenüber der taz sagte. Schuldner ist die Stiftung Neues Tempodrom, bis 2001 mit Bauherrin Irene Moessinger, danach mit Torsten Griess-Nega an der Spitze. Zahlen muss allerdings das Land, das für die insolvente Immobilie eine Bürgschaft übernommen hat. Die Kostenerhöhungen – und damit die Pleite in der Kasse – entstanden, neben einer „Fehleinschätzung“ in der Kalkulation, nach Angaben Moessingers in großen Teilen durch die erforderliche Sprinkleranlage (472.000 Euro), dann durch 390.000 Euro Mehrkosten für den Schallschutz am Dach sowie durch die gezackte Dachkonstruktion selbst, die 1,13 Millionen Euro verschluckte.

Die Tempodrom-Gläubiger könnten bei der in der kommenden Woche erwarteten Entscheidung des Finansenators über den Verkauf oder die Insolvenz des Kulturstandortes das Land noch weiter in die Bredouille der „Tempodrom-Affäre“ bringen. Nach einem Beschluss von Firmen, auf die Hälfte ihres Lohns zu verzichten, so Stiftungsratsmitglied Ulrich Klopsch, beziehungsweise der Investitionsbank Berlin (IBB), die Zinsen zu stunden, pochen diese nun auf Zahlung. Für das Land, das mit der derzeit umstrittenenen Bürgschaft in Höhe von 10,3 Millionen Euro für das Tempodrom haftet, könnten mehr Millionenverluste entstehen als erwartet. Selbst wenn Berlin die Immobilie verkaufen sollte – man spricht über einen Preis von 2,5 bis 3 Millionen Euro – würde trotzdem ein Teil der Landesbürgschaft fällig. Auch die von Bausenator Strieder (SPD) initiierte öffentliche Finanzspritze als Kredit für den Bau in Höhe von 1,74 Millionen Euro im Jahr 2002 wäre nicht vollständig rückzahlbar.

Nach dem geltendem Verfahrensrecht müssen sowohl bei einem Verkauf als auch bei Insolvenz zuerst noch ausstehende Löhne und die Gläubiger aus den Verkaufseinnahmen oder der Insolvenzmasse bedient werden. Bei einem mögliche Verkauf an einen der beiden derzeitigen Bieter, den Liquidrom-Betreiber Klaus Dieter Böhm oder Entertainment-Mann Peter Schwenkow, bliebe dem Land angesichts der Forderungen und fälligen Zinsen: nichts, so ein Insider. Sarrazin will noch einen „Modus“ zur Geldverteilung finden. Bei einem Nullsummenspiel wäre die Mühe aber umsonst.