: An Verbrechern Geld verdienen
Justizbehörde will private Sicherheitsdienste in Gefängnissen einsetzen. GAL verlangt: Staat hat gegenüber Haftinsassen Fürsorgepflicht wahrzunehmen
Die Hamburger Justizbehörde plant, private Sicherheitsdienste im Strafvollzug einzusetzen. Bereits ab Mitte des Jahres werden Angestellte privater Firmen von den Wachtürmen des Untersuchungsgefängnisses Holstenglacis (UG) aus dessen Gelände und die Mauer beobachten. Das bestätigte gestern Justizsprecherin Annette Hitpaß. Laut Justizsenator Roger Kusch (CDU) ist der Einsatz im UG nur „ein erster Schritt eines Prozesses, der weitergehen wird“.
Zurzeit bewachen Beamte des Allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD) das Außengelände des UG. Die aber seien für diese Aufgabe überqualifiziert, sagt der Justizsenator. Werden sie auf den Wachtürmen durch private Sicherheitsdienste ersetzt, könnten sie Aufgaben in den Gefängnisses selbst übernehmen. „Dort wird weiteres Personal benötigt“, so Sprecherin Hitpaß. Die Ausschreibung unter mehreren privaten Sicherheitsfirmen läuft bereits.
Parallel prüft eine behördenübergreifende Lenkungsgruppe im Auftrag des Senates derzeit die Möglichkeit, die drei Fuhlsbütteler Gefängnisse zu privatisieren. Womöglich soll ein privater Investor an anderer Stelle in Hamburg oder außerhalb der Stadt eine neue Haftanstalt bauen und mit teils eigenem Personal betreiben. „Das könnte kostengünstiger sein“, erklärt Hitpaß. Zudem würde das Gefängnisgelände in „bester Lage“ in Fuhlsbüttel dann für die Wohnbebauung zur Verfügung stehen.
Die Justizsprecherin betont aber, dass die Bewachung der Gefangenen in der Haftanstalt nicht privatisiert werden soll. Das sei eine hoheitliche Aufgabe, der der Staat sich nicht entziehen dürfe. Privatleute könnten hingegen beispielsweise die Arbeit in der Gefängnisküche oder auch den Transport der Insassen zu ihrem Prozess übernehmen.
Der GAL-Justizexperte Manfred Mahr hingegen warnt davor, durch die Teilprivatisierung von Gefängnissen „immer mehr staatliche Verantwortung abzugeben“. Auch in den USA hätten die Behören zunächst nur den Bau von Haftanstalten Privatinvestoren überlassen. Inzwischen gibt es dort privat organisierten Strafvollzug – der an die Börse gegangen ist. Und die Aktionäre hätten ein Interesse daran, dass möglichst viele Menschen eingesperrt sind, weil sie damit Geld verdienen können.
Mahr weist darauf hin, dass der Staat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Gefangenen hat. „Und je mehr Aufgaben er in private Hände abgibt“, sagt der GAL-Abgeordnete, „desto mehr entgleitet ihm diese Fürsorge“.ELKE SPANNER