Ausfall des Reparatursystems

Schwache Röntgenstrahlung ist vermutlich doch schädlicher als bisher angenommen

Röntgenuntersuchungen mit niedriger Strahlendosis sind offenbar weitaus gefährlicher als bislang angenommen. Zwar greifen sie das Erbgut zunächst nicht so sehr an wie starke Strahlen, doch dafür können sich leicht beschädigte Zellen wesentlich schlechter regenerieren als stark beschädigte, wie eine Studie der Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg ergab.

Ob sich daraus auch ein erhöhtes Krebsrisiko ableiten lässt, soll nun in weiteren Studien geklärt werden. Möglicherweise müssen dann die Strahlenschutz-Bestimmungen für Röntgenuntersuchungen grundlegend überarbeitet werden.

Die Homburger Biophysiker Markus Löbrich und Kai Rothmann gehen jedenfalls davon aus, dass die jahrzehntealte Röntgenempfehlung „Je niedriger die Strahlendosis, desto besser“ hinfällig sein könnte. Die beiden Wissenschaftler hatten untersucht, wie menschliche Lungenzellen auf unterschiedlich hohe Strahlenmengen reagieren. Im Mittelpunkt ihres Interesses standen dabei die Brüche des so genannten Doppelstrangs der DNA. Sie gelten als die gefährlichsten Strahlungsschäden am Erbgut, die Krebs auslösen können.

Wie die Studie ergab, steigt mit der Strahlenmenge auch die Zahl der Doppelstrangbrüche an. Doch die besonders stark bestrahlten und beschädigten Zellen können sich innerhalb kurzer Zeit selbst reparieren: Nach 24 Stunden waren bei ihnen die meisten der Doppelstrangbrüche wieder beseitigt. Bei den schwach bestrahlten und damit auch weniger beschädigten Zellen kam das von der Natur vorgegebene Reparaturprogramm entweder erst sehr viel später oder gar nicht in Gang.

Beim Röntgen nimmt Deutschland im europäischen Vergleich eine Spitzenstellung ein. Statistisch gesehen kommen auf jeden Einwohner 1,6 Röntgenuntersuchungen pro Jahr. AP