„Ende der Legitimitätskrise“

Kengo wa Dondo, exilierter Reformpolitiker aus der Zeit des Diktators Mobutu in Zaire, bewertet die Fortschritte im Friedensprozess der Demokratischen Republik Kongo

taz: Der Friedensprozess in der Demokratischen Republik Kongo kommt voran: Joseph Kabila hat als Übergangspräsident den Amtseid auf eine neue Verfassung geschworen, und demnächst beginnen die Vorbereitungen zur Einsetzung einer Allparteienregierung, in der Kabila zusammen mit vier Vizepräsidenten aus allen politischen Lagern regieren wird. Teilen Sie den Optimismus mancher, dass der Kongo nach Jahren des Krieges und der Teilung nun bis Ende Juni eine neue geeinte Regierung haben wird?

Kengo: Die neue Verfassung ist eine gute Sache. Sie öffnet den Weg zu Wahlen und einem Ende der Legitimitätskrise des kongolesischen Staates. Aber dass Kabila den Amtseid geschworen hat, bevor es die neue Regierung gibt, wundert mich. Die neue Verfassung sagt, die Präsidentschaft des Kongo besteht aus einem Präsidenten und vier Vizepräsidenten. Der Präsident existiert nicht ohne die Vizepräsidenten. Also was ist Joseph Kabila jetzt? Wird er selbst die Regierung bilden wollen? Er ist vorgeprescht.

Wenn die vier Vizepräsidenten benannt sind, wird doch dieses Problem gelöst sein.

Es gibt aber noch andere. So ist vorgesehen, dass der Präsident und die vier Vizepräsidenten sich zweimal im Monat treffen. Reicht das angesichts der Probleme des Landes? Auch die Regierung tritt nur zweimal im Monat zusammen – eine Regierung ohne Premierminister, dessen Funktion sich die vier Vizepräsidenten teilen. Also wie soll diese Regierung arbeiten?

Lehnen Sie die neue Struktur also ab?

Nein. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, um den Übergang zur Demokratie zu schaffen. Wichtig ist, dass die Führer der Regierung zusammen und nicht gegeneinander arbeiten.

Ein Problem dabei ist aber die Sicherheitsfrage. Bis vor kurzem weigerten sich die Rebellenführer des Kongo aus Sicherheitsgründen, in die Hauptstadt zu kommen, um an der Regierungsbildung teilzunehmen.

Es ist doch so: Jede der drei Kriegsparteien hat eine eigene Armee und ist auf dem eigenen Territorium in Sicherheit. Kinshasa liegt im Gebiet einer Kriegspartei, unter Kontrolle von Kabilas Armee. Also sind die anderen dort nicht sicher. Die UNO muss diese Sicherheit gewährleisten, damit die beiden anderen Parteien kommen können.

Vor den Friedensabkommen von Dezember 2002 schlugen Sie vor, den Kongo komplett unter UN-Treuhandschaft zu stellen. Ist dieser Vorschlag noch aktuell?

Meine Idee war, ein UN-Mandat für den Kongo einzurichten, um freie Wahlen zu organisieren. Jetzt wollen wir erst mal sehen, wie es weitergeht. Wir müssen der kommenden Regierung eine Chance geben.

Sehen Sie für sich selbst eine politische Zukunft?

Nicht in der Übergangszeit. Ich warte auf die Wahlen, das ist spannender. Heute hat ja jeder Ambitionen, jeder Politiker will eine politische Rolle in der Übergangsphase spielen. Sollen sie mal machen. Wichtig ist, dass es funktioniert, damit irgendwann alle von der demokratischen Öffnung profitieren können.

Kehren Sie nach Kinshasa zurück?

Ich glaube nicht, dass Kinshasa im Moment sicher genug ist.

INTERVIEW: FRANÇOIS MISSER