Vor Ort mehr Qual bei der Wahl

Ab heute ist Call-by-Call auch beim Telefonieren im Ortsnetz möglich. Billig-Anbieter steigen direkt mit Kampfpreisen ein und verlangen nur 1 Cent pro Gesprächsminute. Verbraucherschützer aber warnen vor neuem Tarifdickicht und schwarzen Schafen

von BEATE WILLMS

Was des einen Freud’, ist des andern Leid: Ab heute können Telefonierwillige auch in den Ortsnetzen über das Call-by-Call-Verfahren andere Anbieter als den bisherigen Quasi-Monopolisten Deutsche Telekom nutzen. Aller Erfahrung nach werden damit über kurz oder lang die Preise sinken. Für den Verbraucher heißt das mehr Auswahl – oder weniger Übersicht.

Call-by-Call ist in Deutschland spätestens seit 1998 ein Begriff, als der Markt für Ferngespräche liberalisiert wurde. Um von der Telekom auf einen Alternativanbieter zu wechseln, genügt es, eine fünf- oder sechsstellige Vorwahl zu wählen. Die Rechnung wird weiterhin über die Telekom verschickt. Preisstürze von rund 90 Prozent wie bei den Ferngesprächen sind aber nicht zu erwarten. In einer Studie im Auftrag des Bundesverbandes der regionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaften ist von „möglichen Abschlägen“ von 30 bis 60 Prozent die Rede.

Schließlich ist die Telekom der mit Abstand größte Netzbesitzer – und das letzte Stück Leitung von der Straße zur Telefonbuchse kann sie teuer an die Konkurrenz vermieten. Bislang verlangt sie 1,1 Cent, will jedoch noch einmal 0,6 Cent aufschlagen. Damit lägen allein diese Kosten für die neuen Anbieter schon über dem günstigsten Telekomtarif von 1,5 Cent pro Minute. Am 30. April will darüber die Regulierungsbehörde entscheiden.

Der Verbraucher kann sich ausrechnen, dass Kampfpreise wie der des Düsseldorfer Billiganbieters 01051 Telecom, der heute mit einem Angebot von 1 Cent pro Minute starten will, auf Dauer nicht haltbar sind. Sie gelten in der Regel befristet, zu bestimmten Tageszeiten oder für besondere Tariftakte. Wer günstig telefonieren will, sollte also das Kleingedruckte lesen. Generell sind sekundengenaue Abrechnungen besser, allerdings sind sie oft mit höheren Tarifen verbunden.

Verbraucherschützer weisen zudem darauf hin, dass die Unternehmen ihre Tarife jederzeit ändern dürfen. Einige Anbieter, darunter 01051 Telecom, haben eine kostenlose Tarifinformation vor jedem Telefonat angekündigt. „Man sollte sich täglich in Zeitungen oder im Internet informieren“, rät Carola Elbrecht vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Bei der Telekom zeigt man sich trotz neuer Konkurrenz wohlgemut. Der Chef der Festnetzsparte, Josef Brauner, erwartet, dass die Erlöse im „niedrigen zweistelligen Millionenbereich“ zurückgehen. Bei jährlichen Einnahmen für Ortsgespräche von 2,7 Milliarden wäre das verkraftbar. Einige Branchenexperten sind skeptischer. Sie sprechen von einem Minus von bis zu 300 Millionen Euro – das dann vermutlich mit höheren Anschluss- oder Grundgebühren ausgeglichen würde.

Bislang wollen rund 20 Telefongesellschaften die neuen Möglichkeiten im Ortsnetz nutzen. Doch die wenigsten sind so vorbereitet wie die unabhängige 3U Telecom (01078), die bis auf die wochentäglichen Hauptzeiten 1,49 Cent pro Minute verlangen will und sekundengenaue Abrechnung anbietet, oder wie die deutsche Tochter des Schwedischen Telekomkonzerns Tele 2 (01013), deren Angebot bei 1,5 Cent pro Minute liegt. Auch der Vodafone-Ableger Arcor (01070) wirbt mit einem Angebot von 1,49 Cent am Wochenende und an Feiertagen. Für die Hauptzeit wochentags von 7 bis 18 Uhr verlangt er jedoch 4,5 Cent.

Einige Anbieter dürften sich ohnehin noch bis zum 9. Juli zurückhalten. Dann wird im Ortsnetz auch das Preselection-Verfahren möglich, bei dem sich der Verbraucher bei einem alternativen Anbieter fest anmeldet. Hier ist richtig Geld zu machen.

www.billiger-telefonieren.de, www.teltarif.de