Städte wollen Ramschläden verbannen

Die Innenstädte im Ruhrgebiet werden von Ramschläden überschwemmt. Die Kommunen versuchen jetzt, die Immobilienhändler von dem schnellen Geld mit der Billigware abzuhalten. Ihre Möglichkeiten sind allerdings gering

Ruhr taz ■ Die Städte im Ruhrgebiet kämpfen mit einer Flut von Ramschläden. In den von Leerstand betroffenen Zentren eröffnet fast jeden Tag ein neues Billiggeschäft, meist nur für ein paar Wochen: T-Shirts für zwei Euro, Topfsets für fünf Euro, billiges Handyzubehör en masse – Ramschläden prägen das Bild der Innenstädte. Jetzt beginnen die Kommunen, gegen diesen Trend vorzugehen. Sie fürchten, Kunden und Kundinnen langfristig zu verlieren.

Was für Marlis K. eine Entlastung der Haushaltskasse bedeutet, ist den meisten Städten ein Ärgernis. Ramschläden ohne Namen, die mit „Sonderposten“ werben und meist nur solange existieren, bis alle Billigwaren verkauft sind, sind ihnen ein Dorn im Auge. Viele Eigentümer vermieten ihre leerstehenden Gebäude kurzfristig an Händler, die ihre Billigware in der Fußgängerzone loswerden wollen. „Sehr zum Leidwesen der Städte“, sagt Benno Nolte von der Interessengemeinschaft City-Herne. Er befürchtet einen Imageschaden durch die Ramschläden besonders in der Herner Fußgängerzone.

Die Stadt arbeitet seit 1999 am Projekt „Boulevard Bahnhofstraße“ – einer Flaniermeile in der Innenstadt, deren Löwenanteil mit rund vier Millionen Euro das Land NRW und die Stadt Herne tragen. Die Investitionen in Lichtkunst und eine beleuchtete Kachelwand lohnten sich aber nur, wenn hinter der neuen Fassade keine Ramschläden stecken, sondern etablierte Geschäfte oder im besten Fall edle Boutiquen, findet Nolte. „Die Hausbesitzer dürfen das Niveau nicht wieder sinken lassen, indem sie an Ramschhändler vermieten“, sagt Nolte. Viele schielten nach einer langen Leerstands-Phase auf das schnelle Geld. „60 Prozent der Eigentümer leben gar nicht in Herne. Denen ist es egal, wie es in der Bahnhofstraße aussieht.“

Auch in der Dortmunder Fußgängerzone haben sich am östlichen und westlichen Ende Ramschhändler eingemietet. Andreas Peppel vom Einzelhandelsverband Westfalen-Mitte hält diese Entwicklung für „ausgesprochen schädigend für den Handel“. „Der Hellweg bröckelt an beiden Enden ab“, sagt Peppel.

Es sei schwer, dem Einhalt zu gebieten. Auf die Mietverträge könne man keinen direkten Einfluss nehmen. Für das Dortmunder Ostwallviertel hat der Einzelhandelsverband Westfalen-Mitte eine „Immobilienstandortgemeinschaft“ in die Welt gerufen. Was vorher „Leerstandsmanagment“ war, heißt in Dortmund jetzt Flächenmanagment und soll Vermieter und Händler an einen Tisch bringen. „Wir wollen dadurch sicher gehen, dass ein guter Branchenmix entsteht“, sagt Peppel. Zudem soll dadurch verhindert werden, dass die Vermieter auf die unliebsamen Ramschhändler zurückgreifen.

Auch Bochum versucht, die Billig-Händler von der Innenstadt fern zu halten. „Wir wollen Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Stefan Postert von der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Bochum. Alle Ladenvermieter aus der Herner Innenstadt hat die IHK Bochum angeschrieben. „Ohne die Eigentümer können wir das Problem mit den Ramschläden nicht lösen“, räumt Postert ein. Schließlich gehe es darum, den Standort und somit die eigene Immobilie attraktiver zu machen.

Überzeugungsarbeit bei den Laden-Eigentümern will auch Benno Nolte aus Herne leisten. Ende März will er die Vermieter einladen und bei Wein und Kanapées davon überzeugen, nicht an Ramschhändler zu vermieten.

MERJAM WAKILI