Trauer muß die Ente tragen

Bis jetzt sind über 1.300 Vögel an der Ölverschmutzung in der Nordsee gestorben. Wasserschutzpolizei vermutet zwei verschiedene Schiffe als Verursacher

Hamburg taz ■ Das Gefieder der Männchen ist so schwarz, als trügen sie Trauer. Das gab den Trauerenten den Namen. Wenn nun auch die Weibchen ein dunkles Federkleid tragen, ist keine Mode im Spiel, auch wenn der Anlass angemessen wäre. Mehr als 1.300 verklebte Seevögel, darunter rund 1.100 Trauerenten, sind in den vergangenen Tagen aufgrund der anhaltenden Ölverschmutzung vor der schleswig-holsteinischen Nordsee-Küste verendet. Und täglich kommen hunderte hinzu.

Auch fast drei Wochen nachdem erstmals ölverschmierte Enten an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste angeschwemmt wurden, ist die Ölquelle noch unbekannt. Die Husumer Wasserschutzpolizei geht mitlerweile von zwei verschiedenen Verursachern aus. „Ein Schiff muss auf hoher See Öl eingeleitet haben, ein anderes näher an der Küste“, vermutet Sprecherin Melanie Röth.

In beiden Fällen aber handele es sich um Schweröl aus dem russisch-baltischen Raum. Schnelle Aufklärung ist trotzdem nicht in Sicht. „Falls die Übeltäter überführt werden können, kann dies einige Monate dauern“, befürchtet Röths Wasserschutzpolizei-Kollegin Maren Soltwedel.

Über 3.000 ölverschmierte Vögel wurden in den vergangenen Tagen an der schleswig-holsteinischen Küste und den Nordfriesischen Inseln gefunden. Besonders an den Stränden der Insel Amrum suchten die verölten Tiere Rettung. Dass diese Tiere „nur die Spitze des Eisberges“ sind, betont Greenpeace-Schifffahrtsexperte Christian Bussau: „Die schleichende Verölung der Nordsee ist eine traurige Realität, die leider oft vergessen wird.“

Mehr als 300 schwimmende Ölteppiche macht die Wasserschutzpolizei jährlich in der Nähe der Schleswig-Holsteinischen Küsten ausfindig. Insgesamt sind es zwischen 10.000 bis 50.000 Tonnen ölige Rückstände, die Jahr für Jahr von Schiffen und Ölbohrinseln in die Nordsee abgelassen werden – illegal und fast risikolos. Nur jeder zehnte Verursacher kann von der Wasserschutzpolizei ausfindig gemacht werden, die ermittelten Umweltsünder erwarten lediglich moderate Geldstrafen.

Durch illegale Ölverschmutzung muss die Nordsee jedes Jahr mit einer Belastung zurechtkommen, „die vergleichbar ist mit der großen Ölkatastrophe der ‚Prestige‘ vor Galizien im Herbst 2002“, erläutert Greenpeace-Experte Bussau die Dimension des Problems. Konkrete Folgen seien hunderte unbemerkt auf hoher See verendender Seevögel, die Zerstörung des Ökosystems Nordsee und die Schädigung des Erbgutes der Wasser-Lebewesen.

Einige der Vögel, die derzeit verölt an der Nordseeküste aufgelesen werden, haben allerdings Glück. „Sie werden in Schutzstationen wieder aufgepäppelt“, berichtet Claudia Viße vom Umweltministerium. Doch „für die meisten Tiere“, schränkt sie ein, „kommt jede Rettung zu spät.“ marco carini/

Kristin Jankowski