„Terror“ aus der Redaktion

Bild-„Zeitung“ muss Richtigstellung über Szene-Pastor Christian Arndt wegen Artikels mit falschen Tatsachenbehauptungen drucken. Persönliche Steckbriefe haben Methode

Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg ist bei der Auslegung des Rechts auf freie Meinungsäußerung bei den Medien sehr großzügig. Doch wenn Lügen verbreitet werden, ist Schluss: Nach einem gestrigen Vergleich muss Bild Hamburg eine Richtigstellung abdrucken, da das Boulevardblatt behauptet hatte, Pastor Christian Arndt sei wegen seiner politischen Aktivitäten der Posten als Seelsorger der Friedenskirche vom Kirchenvorstand „entzogen“ worden.

Der Artikel unter dem Titel „Der Chaot des lieben Gottes“ war Ende vorigen Oktobers nach einer Bambule-Demo erschienen, die Arndt vor der Räumung angemeldet hatte. Doch der Hetzartikel von Bild-Schreiber Stefan Schneider widmete sich weniger aktuellen Ereignissen oder Hintergründen des Protestes, sondern glich einem Steckbrief von Arndt. So hätte Arndt nicht nur am Wochenende die „City lahmgelegt“, sondern schon den „rechtsfreien Raum“ Hafenstraße verteidigt, bei Aktionen gegen das Atomkraftwerk Brokdorf Straftaten verübt, mit seinem Engagement für Tempo 30 auf der Stresemannstraße Autofahrer „terrorisiert“, und zudem ließe der „Chaot des lieben Gottes“ ohnehin bundesweit keine linke Szene-Demo aus. „Das sind pointierte Meinungsäußerungen, die keineswegs eine Schmähung und Diffamierung darstellten“, meint Richter Andreas Buske: „Damit ist nicht gesagt, ob sie richtig sind.“

Falsch sei aber eindeutig, dass Arndt des Pastorenpostens enthoben worden sei: „Das ist eine Tatsachenbehauptung, die ist unstreitig falsch.“ Denn die Kirche hatte damals erklärt, dass Arndts Versetzung keine „inhaltlichen oder politischen Gründe“ habe. Den Einwurf, Arndt habe mit dem Revolverblatt nicht reden wollen, lässt die Kammer nicht gelten. „Wenn jemand mit der Bild nicht reden mag, heißt es nicht, dass man Falsches über ihn berichten darf.“

Derartige Kampagnen gegen den Bambule-Protest haben bei Bild Methode. So veröffentlichte das Blatt im November einen bericht über PDS-Landesprecher Yavuz Fersoglu in Steckbrief-Manier unter dem Titel: „Das ist der Krawall-Häuptling.“ Daneben ein Text: „Der Terror ist nicht mehr zu ertragen.“ Wenige Tage später druckte Bild das Konterfei eines „Hamburg 1“-Mitarbeiters ab. Titel: „So einfach ist es, Hamburg ins Chaos zu stürzen – dieser Praktikant eines TV Senders meldete ganz spontan eine Demonstration an. Und wieder gab es Terror.“

Und selbst die Bambule-Anwälte Andreas Beuth und Manfred Getzmann sind von Bild in die kriminelle Ecke gestellt worden, indem sie geschickt vor den Bambule-Symbol in Szene gesetzt wurden: Ein Stern mit einem Schraubenschlüssel. Zum Vergleich setzten die Bild-Macher assoziativ das RAF-Symbol daneben: Ein Stern mit Maschinengewehr. KAI VON APPEN