Beim Wasser stößt der freie Markt an Grenzen

Privatisiertes Wasser ist nicht besser oder schlechter als öffentliches. Das Allheilmittel Liberalisierung wirkt aber bei der Wasserversorgung nicht. Örtliche Monopole können nicht so einfach geknackt werden wie etwa auf dem Strommarkt

Privatisieren – das soll die Preise senken. Beim Berliner Wasser scheint diese Rechnung nicht aufzugehen. Aber auch im Rest der Republik funktioniert die Wasserversorgung anders, als man es vom Strom- oder Gasmarkt gewohnt ist. Noch kontrollieren größtenteils die Kommunen die Gebietsmonopole. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft liefern Anstalten des öffentlichen Rechts wie Stadtwerke als Eigenbetrieb 50 Prozent des Wassers in Deutschland. Die andere Hälfte werde größtenteils von Stadtwerken bestritten, die als Aktiengesellschaften oder GmbHs privatrechtlich agieren und rein private Unternehmen in die Versorgung mit einbinden. „Aber da die Städte und Gemeinden Geld in ihre Kassen bringen wollen, gewinnt die Privatisierung zunehmend an Bedeutung“, sagt Ulrich Oehmichen, Leiter des Bereichs Wasserpolitik im Verband.

„Privatisierung heißt nicht, dass die Wasserqualität schlechter oder besser wird“, sagt Christiane Markard, Leiterin der Abteilung Wasser beim Umweltbundesamt. Wasserpreise, Qualität oder auch die Unterhaltung der technischen Anlagen – durch Vorgaben bei der Vertragsgestaltung mit privaten Unternehmen behielten die Kommunen die Oberaufsicht, so Markard. Eine gute juristische Beratung sei daher unerlässlich, wenn Städte oder Gemeinden ihre Wasserversorgung an private Versorger abgeben.

Im Gegensatz zum Strom, Gas oder auch der Telekommunikation ist eine Liberalisierung der Wasserversorgung jedoch nicht so einfach durchzusetzen. So gilt hier nach wie vor die alte Fassung von Paragraf 103 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB). Danach sind die Gebietsmonopole von den allgemeinen Regelungen des Kartellrechts freigestellt. Mehrere, konkurrierende Wasserversorger in einem Gebiet scheinen aber auch aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen kaum vorstellbar. Die Transportkosten beim Wasser seien wesentlich höher als beim Strom, erläutert der Wasserwirtschaftler Oehmichen. 60 bis 80 Prozent der Aufwendungen der Versorger gingen in Neubau und Wartung des Verteilungsnetzes. Von daher mache es für die Unternehmen keinen Sinn, eigene Wasserrohre zu verlegen. „Die Idee der Liberalisierung vom Strom auf das Wasser zu übertragen ist unrealistisch.“

„Internationale Vergleiche werfen begründete Zweifel auf, ob über eine Marktliberalisierung eine Senkung des Preisniveaus erreicht und die Herausbildung einer Monopolstruktur, bei der wenige private Anbieter die vielen kommunalen Unternehmen ablösen, verhindert werden kann“, begründete bereits 2001 der Bundestag mit großer Mehrheit seine Skepsis.

Eine Studie des Umweltbundesamtes weist zudem auf mögliche Gefahren für eine nachhaltige Wasserwirtschaft durch die Liberalisierung hin. Kleinere Gewinnungsgebiete und kostspieliger Ressourcen-, Grundwasser- und Umweltschutz könnten demnach vernachlässigt werden. Auch die Instandhaltung der Rohre könnte leiden, heißt es dort weiter.

IMKE ROSEBROCK