Kaltes, klares, teures Wasser

Ab 2004 könnten die Wasserpreise um zunächst bis zu 15 Prozent steigen. Der Senat und die privaten Wasserinvestoren pokern um die Einzelheiten. Wassersparen bringt aber auch Probleme

von RICHARD ROTHER

Jeden Tag schleppt zurzeit mein Nachbar zwei schwere Wassereimer auf die Straße. Der Frühling hat ungewöhnlich trocken begonnen, und das junge Ahornbäumchen vor meiner Tür kann die Wässerung gut gebrauchen, gerade in der Startphase der Vegetation. „Die fünf Minuten dafür hab ich“, sagt der Baumpate, „und das Wasser kann ich mir auch noch leisten.“ Die Betonung liegt dabei auf „noch“.

Denn der Senat plant bisher, eine so genannte Konzessionsabgabe in Höhe von 68 Millionen Euro jährlich auf das Wasser zu erheben. Die sollen die Berliner Wasserbetriebe, die 1999 teilprivatisiert wurden, für das Recht bezahlen, den Berliner Boden für ein Rohrleitungssystem zu nutzen. Zurzeit wird bereits ein Grundwasserentnahmeentgelt in etwa der gleichen Höhe erhoben. Kommt die Konzessionsabgabe, würden die Wassergebühren wohl umgehend erhöht.

Die konkreten Auswirkungen seien aber noch völlig unklar, sagte gestern ein Sprecher der Wasserbetriebe. „Das hängt davon ab, wie sich die Gesellschafter einigen.“ Das Land Berlin hält 50,1 Prozent der Anteile an der Wasserholding, den Rest teilen sich der französische Mischkonzern Vivendi und der nordrhein-westfälische Stromriese RWE.

Zurzeit befinden sich die Verhandlungen zwischen den drei Gesellschaftern offenbar in der heißen Phase, in der man sich offiziell bedeckt hält. In Medienberichten heißt es, die Gesellschafter hätten sich auf eine Erhöhung der Wasserpreise um zunächst 15 Prozent ab dem kommenden Jahr geeinigt.

Diese Erhöhung sei aber noch etwas zu hoch gegriffen, heißt es an anderer Stelle. Demnach könnten die Preise zunächst um etwa 10 bis 15 Prozent steigen. Die Konzessionsabgabe könnte im Falle dieser Einigung vom Tisch sein oder sie würde mit dem Grundwasserentnahmeentgelt verrechnet.

Seit sechs Jahren wurde in Berlin der Wasserpreis, der über dem Münchner, aber noch unter dem Stuttgarter oder Dresdener liegt, nicht mehr erhöht. Von zusätzlichen Gewinnen würden nun beide Seiten profitieren – Senat und Investoren.

Die saftige Erhöhung im kommenden Jahr könnte aber auch eine Änderung der Tarifstruktur zur Folge haben. Im Gespräch ist offenbar, ähnlich wie bei Strom und Telefon eine Art Grundgebühr zu erheben, die für das Vorhalten des Anschlusses an das Wasser- und Abwassersystem zu entrichten wäre. Hinzu käme eine Verbrauchsgebühr. Von einem solchen Preissplitting würden größere Familien oder Wohngemeinschaften profitieren, Singlehaushalte dagegen würden eher belastet.

Worauf auch immer sich die Wassergesellschafter einigen – höhere Gebühren kommen so oder so. Darunter dürften aber nicht nur die Hobbygärnter und -baumpfleger leiden, sondern auch Unternehmen, für die der Wasserverbrauch einen relativ wichtigen Kostenfaktor darstellt: Schwimmhallen und Wäschereien etwa, aber auch Frisöre und Kneipen.

Paradoxerweise bekämen auch die Wasserbetriebe zusätzliche Probleme. Steigen die Preise, sparen die Verbraucher. Für die Wasserbetriebe ein finanzielles und technisches Problem: Weil die Abwasserrohre ursprünglich für einen weit höheren Verbrauch ausgelegt waren, werden nun zusätzliche Aufwendungen für die Reinigung nötig.

Mein Nachbar bleibt trotz der drohenden Preiserhöhung gelassen. Wenn die Wasserpreise stiegen, müsse das Bäumchen im nächsten Jahr halt mit einem Eimer täglich auskommen. „Vielleicht regnet es dann ja auch mehr.“ Das Wetter am Wochenende bietet Anlass zur Hoffnung – zumindest für Bäume, Sträucher und Gräser.