„Nicht mit der Brechstange“

Heute beginnt in Finnland die Eishockey-Weltmeisterschaft. Einer der Torhüter des deutschen Teams ist Robert Müller, 22, der am letzten Montag mit den Krefeld Pinguinen deutscher Meister wurde

Interview CHRISTIANE MITATSELIS

taz: Herr Müller, haben Sie die Meisterschaft mit Krefeld schön gefeiert?

Robert Müller: Es war großartig, aber auch hart. Ich bin einer, der keinen Alkohol trinkt, und da wird es schon schwierig, wenn die Sache etwas länger dauert.

Sie haben sich in Ihrem ersten Jahr in Krefeld auf Anhieb gegen den erfahrenen Stammtorhüter Nordström durchgesetzt. Hat Sie das überrascht?

Ich hätte weder damit gerechnet, dass ich der Nummer-eins-Torwart werde, noch damit, dass wir mit Krefeld Meister werden. Es ist wirklich wie im Märchen gelaufen dieses Jahr.

Gleich nach dem Titelgewinn sollen Sie angekündigt haben, Sie würden sich zum ersten Mal in ihrem Leben betrinken.

Ich habe gesagt, ich würde vielleicht mal ein Bier trinken. Etwas anderes habe ich nie gesagt – und auch nicht getan.

Haben Sie nach der ganzen Aufregung der letzten Wochen überhaupt schon Lust, mit der Nationalmannschaft bei der WM zu spielen?

Darauf habe ich immer Lust. Ich freue mich schon riesig. Es macht mir sehr viel Spaß, mit den Jungs zusammen in der Nationalmannschaft zu spielen, gegen die ich das ganze Jahr über in der Liga antrete.

Bundestrainer Hans Zach sagt, Ihre Leistungssteigerung in dieser Saison habe ihn überrascht. Er sagt allerdings auch, dass man erst abwarten müsse, wie Sie als 22-Jähriger einen so großen Erfolg verkraften. Besteht tatsächlich die Gefahr, dass Sie abheben?

Nein, das glaube ich nicht. Die Sache habe ich in Mannheim schon hinter mich gebracht. Nach dem Meistertitel 2001, wo ich dann ja nicht mehr gespielt habe. Ich glaub’, da habe ich schon ein bisschen den Boden unter den Füßen verloren, weil dir in Mannheim auch jeder erzählt, dass du beim FC Bayern des Eishockeys spielst.

Das behaupten die Krefelder wahrscheinlich nicht von sich – trotz der Meisterschaft.

In Krefeld sieht es ganz anders aus. Außerdem bin ich jetzt das fünfte Jahr dabei und kann ganz gut einschätzen, wie groß der Erfolg für mich war. Ich weiß genau, dass es nächstes Jahr noch schwerer wird, weil ich meine Leistungen bestätigen muss. Ich werde im Sommer Gas geben und noch härter trainieren.

2001 sind Sie von den Washington Capitals gedraftet worden. Werden Sie im Sommer wieder in deren Camp in den USA trainieren?

Wenn nichts dazwischen kommt, fahre ich wieder hin.

Was bringt Ihnen das?

Für den Kopf ist es ganz wichtig. Du kannst wahnsinnig viele Erfahrungen sammeln, wenn du mit den besten Eishockey-Spielern der Welt zusammen in einer Mannschaft spielst. Mit Jaromir Jagr oder Olaf Kölzig.

Bundestrainer Hans Zach sieht Sie und Oliver Jonas von den Eisbären Berlin als gleich starke Keeper an. Eine Stammtorhüter-Garantie für Müller wollte er nicht aussprechen. Stört Sie das?

Nein, ich bin das von der Nationalmannschaft gewöhnt. Es ist gut, zwei starke Torhüter zu haben – und auch zu wechseln. So kann man das Beste herausholen.

Welches Ziel haben Sie sich für die WM gesteckt?

Mein absolutes Hauptziel ist der Nichtabstieg. Auf weiteres will ich mich gar nicht festlegen.

Es wäre doch aber schön, wenn Sie genauso gut halten würden wie zuletzt im DEL-Finale gegen die Kölner Haie.

Das ist aber nicht leicht. International wird noch schneller gespielt. Außerdem sind auch noch ein paar bessere Spieler dabei.

Ihr erster Vorrunden-Gegner Japan ist aber nicht gerade eine Übermannschaft. Sagen Sie jetzt nicht, die darf man nicht unterschätzen.

Doch! Das Schlimmste, was man tun kann, ist, einen Gegner zu unterschätzen. Japan hat in der Vorbereitung nur 2:3 gegen Dänemark verloren. Ich konzentriere mich hundertprozentig auf die Aufgabe. Dann kann ich auch nicht böse überrascht werden.

Bei der WM sitzen viele Spione der NHL auf den Tribünen, eine gute Gelegenheit sich zu empfehlen, oder?

Ich fahre nicht zur WM, um mich für die NHL zu empfehlen. Ich weiß, dass ich dafür Leistung über einen größeren Zeitraum zeigen muss. Die Saison war sicher keine schlechte Werbung. Ich bin aber keiner, der unbedingt darauf drängt, da drüben zu spielen. Ich will natürlich schon – aber nicht mit der Brechstange.

In Krefeld haben Sie mit dem viermaligen Stanley-Cup-Sieger Butch Goring gearbeitet, in den nächsten Wochen steht Zach an der Bande. Es sind zwei sehr unterschiedliche Trainer-Typen. Ist es für Sie schwer, sich an einen anderen Stil zu gewöhnen?

Nein, ich kenne den Hans jetzt schon lang genug. Er lässt die Torhüter im Großen und Ganzen in Ruhe. Ich habe ihm viel zu verdanken. Er hat mich immer bei der Nationalmannschaft spielen lassen, mir vertraut. Vom Coaching-Stil her sind die beiden Trainer natürlich aber sehr verschieden.

Beschreiben Sie mal die Unterschiede.

Der Butch ist immer locker und fröhlich. Das kann der Hans zwar auch sein. Er ist aber irgendwie energischer und gradliniger bei seiner Arbeit. Es ist schwer zu beschreiben. Man muss es selber erleben. Butch ist natürlich auch energisch, doch bei ihm drückt es sich anders aus.

Es heißt, man hätte Ihnen schon im Alter von drei Jahren einen Fanghandschuh geschenkt. Haben Sie wirklich schon damals gewusst, dass Sie Eishockey-Torhüter werden wollten?

Ich wusste nur, dass ich bei meinem älteren Bruder und seinen Kumpels ins Eishockey-Tor musste. Sie brauchten einen, der sich da hinstellt. Mir hat es aber gleich unheimlich viel Spaß gemacht. Und das macht es heute noch.