Leidenschaftliche Unterschiede

Zum 20. Mal zeigen die Lateinamerika-Filmtage aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr Chile. Unter anderem sind an den ersten fünf Abenden Filme des Regisseurs Luis R. Vera zu sehen

Zum 20. Mal sind bei den Lateinamerika-Filmtagen, die in den nächsten zwei Wochen im 3001 stattfinden, aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme aus Süd- und Mittelamerika zu sehen. Im Mittelpunkt stehen dieses Jahr Produktionen aus Chile, die sich mit der Geschichte und Gegenwart des Landes im Südwesten des Kontinents auseinandersetzen.

Schon zur Eröffnung geht es heute Abend in Luis R. Veras „Fiestapatria“ („Nationalfeier“) um das Trauma der chilenischen Linken. Beim Zusammentreffen zweier Großfamilien zwecks Feier einer Eheschließung wird ein lange gehütetes, tragisches Geheimnis aus den Zeiten der Pinochet-Diktatur offenbar. In der einen Familie gibt es hohe Militärs, Diktatur-ergebene Pfaffen, in der anderen ehemals verfolgte, nurmehr in der Liebe leidenschaftliche SozialistInnen. Als das Tabuthema Diktatur aufbricht, reagieren sie ganz unterschiedlich. Regisseur Vera wird bei der Vorführung wie auch an den vier folgenden Abenden, an denen Spiel- und Dokumentarfilme des Chilenen gezeigt werden, anwesend sein.

Vera macht seit über 20 Jahren Filme, musste 1973 nach dem Putsch vom 11. September ins Exil. Dort, in Schweden, spielt sein Film „Bastardos en el paraíso“ („Bastarde im Paradies“), ein temporeiches Drama um im Exil aufgewachsene Kinder. Miguel und seine Freunde Kalle und Lena leben in einem Stockholmer Vorort. Miguels Eltern, als politische Flüchtlinge nach Schweden gekommen, träumen von der Rückkehr nach Chile, das sie als verlorenes Paradies idealisieren. Miguel muss sich derweil auf den Straßen einer Stockholmer Vorstadt gegen soziale Ausgrenzung und den gewalttätigen Rassismus von Skinheads zur Wehr setzen. Schutz und Anerkennung findet er in einer Clique von Gleichaltrigen, allesamt Migranten, er beteiligt sich an kleinen Diebstählen und anderen Delikten, gerät mit Eltern und Lehrern aneinander. Und auch Kalle und Lena verändern sich. Er entwickelt sich zum Rassisten, sie geht zur Polizei. Eines Abends treffen die drei unterschiedlichen JugendfreundInnen zufällig aufeinander – und ihr Leben verändert sich für immer.GASTON KIRSCHE

Do, 27. 11. bis Mi, 10. 12., 3001, Schanzenstr. 75 (im Hof); Infos und Programm: www.cinelatino.de