Tarik Asis in US-Gewahrsam

Iraks Vizepremier und Husseins Chefunterhändler hat sich freiwillig den US-Streitkräften gestellt. Die Kriegskoalition erhofft sich nun von ihm vor allem Auskunft über den Verbleib von Saddam Hussein

WASHINGTON/EL SAILIJAH ap/afp/dpa ■ Iraks bisheriger Vizeministerpräsident und Exaußenminister Tarik Asis hat sich den US-Streitkräften gestellt. Das bestätigte das US-Zentralkommando in Katar. Er wurde gestern von US-Soldaten verhört. „Er war lange Zeit ein Vertrauter von Saddam Hussein“, sagte Leutnant Herb Josey. Deshalb könne er möglicherweise darüber Aufschluss geben, ob der entmachtete Präsident Saddam Hussein noch am Leben ist und wo er sich aufhält. Das US-Zentralkommando wollte keine genaueren Angaben zur Festnahme von Asis oder zu seinem derzeitigen Aufenthaltsort machen. Der britische Außenminister Jack Straw sagte in London, Asis sei nicht nur „eine der bekanntesten Figuren“ Iraks, sondern zudem auch „glaubhaft“ gewesen. „Es ist gut, dass er sich ergeben hat“, betonte Straw. Auf der von den USA erstellten Liste der 55 meistgesuchten Iraker stand Asis an 43. Stelle.

Dieser Rang täuscht jedoch: Asis war über Jahre die „zivilisierte Stimme“ des Iraks und Chefunterhändler des Regimes von Saddam Hussein bei außenpolitischen Angelegenheiten. Er gehörte allen Machtzirkeln an und hieß wegen seiner Loyalität auch „Meister seines Herrn“. Asis bewegte sich gewandt auf diplomatischem Parkett und spricht geschliffenes Englisch. In Kriegs- und Krisenzeiten war er stets zur Stelle: 1984, ein Jahr nach seiner Ernennung zum Außenminister, gelang es ihm, die US-Unterstützung im Krieg gegen den Iran zu bekommen. Unvergessen sind die Auftritte, als er 1990 den irakischen Überfall auf Kuwait praktisch als Notwehr hinstellen wollte. Im Februar 2003, einen Monat vor Ausbruch des Irakkrieges, bekam Asis eine medienwirksame Audienz beim erklärten Kriegsgegner Papst Johannes Paul II.

Kurz vor dem Angriff der US-geführten Streitkräfte am 20. März schwor Asis in altbewährter Diktion seine Landsleute auf den Sieg ein, der ihnen gewiss sei. Während des Kriegs überließ Asis dann aber Iraks Informationsminister Mohammed Said al-Sahhaf das Wort.

Asis wurde 1936 als Michail Yuhanna in einer chaldäisch-katholischen Familie in Mosul geboren. Er studierte Englisch in Bagdad und wurde 1957 Mitglied der Baath-Partei. Asis machte dank seiner frühzeitigen Bekanntschaft mit Saddam Hussein schnell Karriere. Er wurde Chefredakteur der Parteizeitung Thaura und 1974 Informationsminister. Später rückte er in die Führung der Baath-Partei und den Revolutionären Kommandorat, das eigentliche Machtgremium im Irak, auf. 1980 wurde er Vizeministerpräsident. Von 1983 bis 1991 übernahm er auch das Außenministerium.

Asis’ Stern begann jedoch nach den Wahlen zur 18-köpfigen Führungsspitze der Baath-Partei im Frühjahr 2001 zu sinken. Er soll damals kritisiert haben, dass Saddams jüngster Sohn Kusai in die Führung aufrücken sollte. Asis musste das ihm erneut anvertraute Amt des Außenministers wieder abgeben, blieb aber Vizeregierungschef.

Asis ist verheiratet und hat vier Kinder. Nach dem Fall Bagdads hatten Plünderer seine vierstöckige Villa am Tigrisufer verwüstet.