„Ich habe keine Schüssel!“

Der anspruchsvolle Musikfilm hat es im Fernsehen schwer. Sind Spartenkanäle die Lösung? Beim Bremer Forum „The Look of the Sound“ war man sehr geteilter Meinung

Großen Ärger brachten die BesucherInnen des zweiten internationalen Fernsehforums „The Look of the Sound“ von vornherein mit – Ärger über die immer platteren Programme der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und die Abdrängung qualifizierter Musikprogramme in die Spartenkanäle. Veranstaltet hatte das Fernsehforum die Bremer Galeristin Katrin Rabus in ihrer Galerie und gekommen waren neben den interessierten MusikliebhaberInnen Regisseure, Musikredakteure, Musiker und Produzenten.

Sie alle verhandelten bei der zentralen Podiumsdiskussion „Fernsehen der Zukunft – Perspektiven der nationalen und internationalen Zusammenarbeit“ die Frage, wieso anspruchsvolle Musikfilme, etwa KomponistInnen- oder DirigentInnenporträts bestenfalls noch nachts auf Arte laufen.

Die Diskussion lief schwerfälligst mit Förderstruktur-Referaten und Verweisen auf die für gutes Niveau nicht ausreichenden Gebühren. Kontrovers wurde es allerdings, als der ARD-Koordinator für 3sat, Norbert Waldmann die Idee der Spartenkanäle verteidigte mit dem Argument, es sei wichtig, dass die Menschen die Sachen da finden, wo sie sie suchen, vergleichbar den Cashmere-Boutiquen unter den Alsterkolonaden.

Für Ulrich Mosch von der Paul Sacher Stiftung steckte hinter dieser Haltung Zynismus, in Wirklichkeit wolle man diese Zuschauer nicht. Eine Zuschauerin ergänzte mehr als erbost: „Ich habe keine Schüssel!“ Als Waldmann sagte, man könne von ihr den Kauf einer solchen Satellitenschüssel erwarten, wurde er mehr und mehr zum Buhmann der Veranstaltung.

Und dann redeten sich einige aus dem Publikum so richtig heiß: Franziska Kutschera vom Hessischen Rundfunk zum Beispiel, die erzählte, dass der Sender gar keine Musikredaktion mehr habe und dass sie das ärgere mit den Cashmerepullovern: „Die Spartenkanäle sind eine Sackgasse!“ Oder der englische Regisseur Barrie Gavin, der sich erkundigte nach der Verantwortlichkeit der Sender als Produzenten und fragte: „Sind wir so dumm, wie Herr Waldmann uns hier verkaufen will?“ Oder die Herausgeberin der Berliner Zeitschrift „Positionen“, Gisela Nauck: „Wo sind eigentlich die Intendanten, die noch die Hand über uns gehalten haben? Warum wachsen die nicht nach?“

Dieter Mack vom Südwestrundfunk meinte: „Die ARD hat Geld. Sie wollen nur nicht“ und der Bremer Pianist Nikolaus Lahusen entlarvte unter allgemeinem Beifall solche Formate wie „Achtung Klassik“ als „grauenvolle Versuche der Anbiederung, die uns für blöd verkaufen.“

Verstanden werden kann das Bremer Fernsehforum als Appell an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sich an seinen Kulturauftrag zu erinnern. Und danach umzudenken in die Richtung, die Katrin Rabus in ihrem Thesenpapier verlangte: Neben der Zurverfügungstellung vernünftiger Sendeplätze sollten sich die Anstalten auch an Produktionen beteiligen. Wirklich Hoffnung aber machte diese Debatte nicht.

Ute Schalz-Laurenze