Grüne: „Kapitalvernichtung großen Stils“

Vermögens-Ausschusschef Bert Flemming (SPD) will baldige Entscheidung zur Zukunft der Landesunternehmen. Zwar legt der Senat einen Bericht vor, drückt sich aber um klare Antworten. Derweil versickerten zwei Milliarden Euro

Es ist schon fast ein Jahr her, da forderte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses Klartext: Der Senat sollte endlich sagen, welche der rund 300 Landesunternehmen weiter in Staatsbesitz bleiben müssen. Das aber lehnt die Landesregierung auch heute noch ab. Auch ein Antrag der Grünen zur besseren Kontrolle der Firmen scheiterte jüngst im Parlament. Mehrere SPD- und PDS-Abgeordnete fügten sich nur mit Bauchschmerzen der Koalitionsdisziplin und wollen am Thema dran bleiben. Bert Flemming (SPD), Chef des Vermögensausschusses: „Die Koalition muss langsam zu Potte kommen.“

Zu den Landesbeteiligungen gehören vor allem Verkehrsbetriebe (BVG), Stadtreinigung (BSR), die jetzt für Negativschlagzeilen sorgenden Wasserbetriebe und die Wohnungsbaugeselschaften. „Eine breite Darstellung, welche Beteiligungen aufgegeben werden sollen, ist sowohl zum Schutz der Unternehmen wie auch ihrer Beschäftigten nicht angezeigt“, ließ der Senat jüngst den Ausschuss wissen.

Zwei Milliarden Euro, so errechnete Grünen-Finanzexperte Jochen Esser, seien 2002 bei den Landesbeteiligungen den Bach runtergegangen: Über eine Milliarde Verluste, über 600 Millionen Zuschüsse plus Risikoabschirmung der Bankgesellschaft. „Das ist Kapitalvernichtung großen Stils“, sagt Esser.

Die Ursache sieht Esser in mangelhafter Kontrolle der Unternehmen, von denen 63 dem Land direkt gehören und 243 als Tochterfirmen. Die Analyse des Senatsberichts fällt kaum anders aus: Von „zu wenig Aufmerksamkeit“ ist die Rede, man sieht „offenkundige Defizite unternehmerischer Entscheidungen, aber auch eine wesentlich zu verbessernde Überwachung“.

So gleichlautend die Analyse, so unterschiedlich die Konsequenzen: Die Grünen fordern eine externe Kontrolle, eine Beteiligungsgesellschaft außerhalb der Senatsverwaltung. Dabei stützen sie sich auf ein Gutachten, das seit 2002 der Finanzverwaltung vorliegt. Dessen Fazit: Eine externe professionelle Kontrolle müsse her, mit Aufsichtsräten allein sei die Kontrolle nicht möglich.

Der Senat aber lehnt externe Kontrolle ab, setzt insbesondere auf Aufsichtsräte, die aber gestärkt werden sollen. Dabei verweist die Landesregierung auf Erfahrungen anderer Städte mit externer Kontrolle, die als negativ beurteilt werden.

Nicht nur die Grünen fordern externes Controlling, auch die PDS-Fraktion. „Durchaus in unserem Sinne“, urteilte ihr rechtspolitischer Sprecher Klaus Lederer schon im Herbst über die jetzt vorerst abgelehnten Grünen-Vorschläge. Die sahen auch Zielvereinbarungen vor, zudem mehrjährige Abstandszeiten zwischen Senatsjobs und Vorstandsposten bei Landesfirmen.

Zwar lehnte auch Lederer den Grünen-Antrag ab. Er begründete das allerdings wie SPD-Mann Flemming damit, dass in der Koalition die Diskussion nicht abgeschlossen sei. „Für uns ist das Thema noch nicht vom Tisch“, sagte Lederer, der an einen parlamentarischen Beteiligungsausschuss denkt. Was der Senat dem Hauptausschuss jetzt vorlegte, „kann nur eine erste Stellungnahme sein“. STEFAN ALBERTI