„Medien phantasievoll gestalten“

Jan Henne de Dijn, Geschäftsführer der Hamburg Media School, im taz-Interview über Sinn und Zweck der Eliteschule, die Konkurrenz zur Journalistenausbildung an der Uni, sittenwidrige Studiengebühren und die Zukunft des Offenen Kanals

„Der Bürgerfunk soll mindestens im bisherigen Umfang erhalten bleiben“

Interview: PETER AHRENS und KAIJA KUTTER

taz: Warum braucht Hamburg eigentlich eine Media School?

Jan Henne de Dijn: Weil es bislang keine Ausbildung gibt, die den Brückenschlag zwischen einerseits inhaltlich und andererseits betriebswirtschaftlich-rechtlichen Mediengestaltern schafft. Und es fehlt eine Verbindung zwischen den Universitätsstudiengängen und der Medienwirtschaft. Bei uns sollen eigenständige Studiengänge wie Werbung oder der Medien-Master durch weitere ergänzt werden.

Hinzu kommt als weiterer Aspekt die Vermittlung von Werten. Wir wollen nicht isoliert Fachkenntnisse aufbauen, sondern auch übergreifende Kompetenzen und gesellschaftliche Zusammenhänge.

Warum wollen Sie dann das Hauptstudium Journalistik aus der Universität herauslösen? Dort gibt es die Möglichkeit, nebenbei andere Fächer zu studieren.

Dass wir die Journalistik übernehmen wollen, sagt keiner. Es steht auch nirgends geschrieben.

Es steht im Bericht der Dohnanyi-Kommission.

Nein. Dann haben Sie den falsch gelesen.

Dort heißt es, die Journalistik der Universität solle aufgegeben werden. Und die Media School solle sich zunächst auf Film beschränken, aber später auf den Bereich Printmedien ausweiten.

Das steht da nicht. Dort steht, dass Journalistik-Absolventen ihren Berufseinstieg kaum ohne anschließendes Volontariat oder den Besuch einer Journalistenschule schaffen. Daher sei zumindest die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Uni und Journalistenschulen angeraten. Die Media School wird erst im darauf folgenden Absatz erwähnt und ausschließlich im Zusammenhang mit audiovisueller Ausbildung.

Also wollen Sie die Journalistik nicht übernehmen. Soll sie weiter bestehen?

Unser Angebot richtet sich an Uni-Absolventen. Was innerhalb der Uni entschieden wird, ist nicht meine Aufgabe.

Der Dohnanyi-Bericht empfiehlt auch, die Media School solle offen sein für Bachelor-Absolventen der Uni. Also beschränken Sie sich nicht auf postgraduale Studiengänge?

Ja, das ist so. Der Bachelor-Abschluss ist der erste berufsqualifizierende Abschluss im gesamten Europa. Mit dem können sich Studierende bei uns bewerben.

Und viel Geld für den Master bei Ihnen bezahlen. Der Filmstudiengang ist an der Uni derzeit noch kostenlos. Sie wollen 12.500 Euro Gebühr im Jahr nehmen.

Entschuldigung, wieder nicht ganz richtig. Ob der Filmstudiengang von Hark Bohm etwas kosten wird, steht überhaupt nicht zur Debatte. Darüber wird frühestens 2004 nachgedacht, wenn der neue Studiengang beginnt. Anders ist es mit dem Studiengang Medienmanagement, da beträgt die Gebühr im Jahr 12.500 Euro. Diese Absolventen können auch mit anderen Verdienstchancen rechnen.

Dennoch betreiben wir keine elitäre Höhere-Töchter-Schule, sondern wollen kritische, neugierige und phantasievolle Mediengestalter ausbilden. Deswegen haben wir für ein Darlehen gesorgt, mit dem jeder Bewerber die Kosten finanzieren kann.

Sind denn die Chancen in der Medienbranche so rosig?

Ich glaube, dass hervorragende Ausbildung immer die beste Chance ist und dass der Medienbranche noch ein großes Wachstum bevorsteht.

Nochmal zurück zum Dohnanyi-Bericht. Dort wird ja ein Abbau von Studienplätzen an staatlichen Hochschulen vorgeschlagen. Und Sie bauen kostenpflichtige wieder auf.

Meines Wissens wird kein echter Abbau vorgeschlagen. Es soll vor allem bei gleicher Anfängerzahl die Absolventenquote erhöht werden. Und Studiengebühren sind überall in der Diskussion. Aber wie gesagt: Wir bieten eine Ausbildung, die es so bislang nicht gibt, und die an die Uni anschließt.

Gebühren über 7500 Euro gelten aber auch bei Befürwortern von Studiengebühren als sittenwidrig.

Dann wären alle außeruniversitären Masterprogramme Europas und der USA sittenwidrig – eine gewagte These. Wir liegen in diesem Vergleich im unteren Viertel. Eine Medienausbildung, die Fernsehen und Film einschließt, ist nun mal besonders teuer.

Stichwort Fernsehen: Wozu braucht die Media School den Offenen Kanal (OK)? Brauchen sie die 800.000 Euro, weil ihre Finanzierung in Frage steht?

Was die GAL behauptet, ist fast schon wieder witzig, aber nicht sehr sachdienlich. Im Ernst: Die Finanzierung der Schule steht für den ersten Studiendurchlauf. Die 800.000 Euro sind übrigens zweckgebunden und reichen fürs Fernsehen eh hinten und vorn nicht. Es wird eher so sein, dass die Media School dort noch etwas zuschießt.

Binden Sie sich mit dem OK nicht ein großes Konfliktpotenzial ans Bein? Es heißt ja, Sie würden die Qualität der Beiträge kontrollieren.

Das Konzept der Offenen Kanäle steht bundesweit zur Disposition. Wohlgemerkt nur der Bereich Fernsehen, nicht das Radio, das sehr gut funktioniert. Fernsehproduktion ist so aufwendig und kompliziert, da brauchen Laien vor allem technische Anleitung. Dies kann ein Beitrag der Schule sein, die ja eine Vielzahl von Medienprofis als Dozenten versammelt. Ob das jedoch wirklich passiert, ist Sache der Politik.

Wir haben lediglich ein Konzept erarbeitet, das bundesweit ein Signal für die Neubelebung der Medienbürgerbeteiligung sein kann. Die dazugehörige Senatsentscheidung kenne ich noch nicht. Kern unseres Konzeptes ist, dass der Bürgerfunk mindestens im bisherigen Umfang erhalten bleibt.

Aber die Bürger, die den OK machen, haben Angst vor Kontrolle und Zensur.

Es geht uns nur um die Qualität. Damit das, was die Bürger mühsam erstellen, auch von jemanden gesehen wird.

Sie könnten mit dem Qualitätsargument Beiträge ablehnen, die Ihnen inhaltlich nicht passen.

Wir wollen die Bürger qualifizieren, ihnen helfen. Aber es gibt einfach formale technische Kriterien, die beim Fernsehen beachtet werden müssen. Außerdem sind unsere Studenten auch Bürger dieser Stadt. Die Kombination von Bürger- und Studentenbeträgen sehen wir als unglaubliche Chance.

Ihre Studenten sind Bürger dieser Stadt, aber nur eine kleine elitäre Minderheit.

Das gilt auch für diejenigen, die den Kanal heute nutzen. Er soll ja gerade offen für Minderheitenthemen sein. Und nach unserem Konzept gäbe es durch die größere Themenvielfalt sechs Stunden Programm und davon künftig vier statt bisher drei Stunden Bürgerprogramm.

Aber Sie nehmen Bürgern die Freiheit, ihr Fernsehen zu machen.

Falsch. Wir haben ergänzende Ideen, die hoffentlich verhindern, dass es den Offenen Kanal aus Mangel an Interesse bald gar nicht mehr gibt.

Wir redeten bisher immer vom Fernsehen. Was geschieht mit dem Rundfunk beim OK? Auch da gibt es Befürchtungen.

Hier sehen wir wenig Bedarf einzugreifen. Die meisten Sendungen sind gut.

Die Radiofrequenz wird also nicht an kommerzielle Dritte vergeben, wie die GAL argwöhnt?

Die Behauptung ist nicht witzig, aber wieder Unsinn.