Entführer in U-Haft

Gerüchte über Hintermänner bestätigt die Staatsanwaltschaft nicht. Moscheevertreter kritisieren Innensenator Böse für „Wahlkampf“

taz / dpa ■ Die Familie des 17-jährigen Bremer Busentführers Ali Marwan T. wird von der Polizei abgeschirmt. Niemand solle die Ermittlungen stören. Auch am Telefon geben Familienangehörige keine Auskunft über den Verwandten, gegen den gestern Haftbefehl wegen Geiselnahme und Fluchtgefahr erlassen wurde. Die Entführung des Weser-Ems-Busses der Linie 120 mit 15 Insassen war nach sieben Stunden bei Hildesheim unblutig beendet worden. Psychologen und ein Polizeipastor halten, wie es heißt, ein Betreuungsangebot aufrecht. Den minderjährigen Täter konnte gestern dessen Vater erstmals in der Haft besuchen. Während der Bremer Innensenator Kuno Böse (CDU) bereits frühzeitig von einer Tat mit „eindeutig islamistischem Hintergrund“ sprach, hielt sich dessen niedersächsischer Amtskollege Uwe Schünemann (CDU) mit solchen Einschätzungen zurück. Radiomeldungen, wonach der junge Mann Hintermänner gehabt habe, bestätigte die Staatsanwaltschaft nicht.

Unterdessen nahm Yehia El-Moawen Stellung zu Berichten, wonach der junge Mann in der Abu Bakr Moschee verkehrt habe, wo auch der als „Bremer Taliban“ auf Guantánamo festgehaltene Murat K. vor der Ausreise nach Pakistan gebetet hatte. El-Moawen betonte, dass der jetzt festgenommene Ali Marwan T. kein ständiges Mitglied der Moschee gewesen sei. Dem Bremer Innensenator warf der Mitbegründer der Moschee, El-Moawen, Wahlkampf vor. „Wenn er Beweise für seine Vorwürfe hätte, würden wir ihn sofort bei der Aufklärung unterstützen.“

Auch der Kriminologe und ehemalige niedersächsische Justizminister Christian Pfeiffer kritisierte die Bewertung der Tat durch Innensenator Böse. „Dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat, ist sehr einseitig und wird dem nicht gerecht, dass es sich um einen 17-Jährigen handelt, der von Heldenträumen geprägt war“, sagte Pfeiffer.

Der niedersächsische Innenminister Schünemann forderte unterdessen eine schnelle Einführung des so genannten finalen Rettungsschusses bei Geiselnahmen. Der betroffene Polizist müsse absolute Rechtssicherheit haben. Im Bremer Polizeigesetz, das in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet wurde, hatte die SPD die Absicherung des Todesschusses auf Anweisung verhindert.

ede

siehe auch Seite 2 und Seite 13