Warten auf die Dividenden

Einige Unternehmen haben für die diesjährigen Hauptversammlungen schon die Senkung der Dividenden angekündigt. Manchmal macht es Sinn, darauf zu verzichten

Vor dem Hintergrund der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verfassung kann es nicht überraschen, dass in der unmittelbar bevorstehenden Hauptversammlungssaison einige Börsengesellschaften ihre Dividendenzahlungen an die Aktionäre gegenüber dem Vorjahr zurücknehmen werden. Zum Teil liegen entsprechende Ankündungen seitens der Verwaltungen, auch von DAX-Gesellschaften, schon konkret vor.

Gut informierte Anleger – und Privatanleger sollten über ihre Aktien immer sehr gut informiert sein – kann das nicht überraschen. Schon die laufende Berichterstattung ihrer Unternehmen hat im Jahre 2002 sukzessive signalisiert, dass die Geschäfte schlechter laufen und dass dies unter anderem auch Konsequenzen für die Ausschüttung an die Aktionäre haben wird. Denn eine Dividende wird aus dem Gewinn der Gesellschaft gezahlt und kann mit der Höhe des jeweils erzielten Gewinns schwanken. Eine Aktie ist eben keine festverzinsliche Staatsanleihe, auf die jährlich ein bestimmter Ausschüttungsbetrag garantiert wird.

Eine völlig andere Frage ist, welchen Anteil des Jahresgewinns eine Aktiengesellschaft jeweils an die Aktionäre ausschüttet. Und das wiederum hängt von der Art der Gesellschaft und ihrer jeweiligen Situation ab. Das forschungsintensive Pharmaunternehmen wird nie mit einer hohen Dividendenrendite glänzen, da die Mittel besser in die weitere Forschung nach zukunftsträchtigen Produkten investiert werden. Hier kann es sogar im Interesse der Aktionäre sein, dass die Dividende einmal ausfällt, wenn dadurch zum Beispiel die Erfolg versprechende Forschungstätigkeit fortgesetzt werden kann und damit die Gewinne von morgen gesichert werden.

Die Frage der Dividendenzahlung und ihrer Höhe sollten Anleger nach Meinung des Deutschen Aktieninstituts (DAI) einordnen in die Frage nach der längerfristigen Optimierung für „ihre“ Gesellschaft. Das verlangt auf der einen Seite naturgemäß beim Anleger auch die Bereitschaft, auf Dividende in dem einen oder anderen Jahr ganz oder teilweise zu verzichten. Das erfordert aufseiten des Unternehmens aber auch ganz klare Aussagen darüber, welche Präferenzen in der Gewinnverwendung gesetzt werden, welche Gewinnanteile also im Normalfall ausgeschüttet werden sollen und wie im Falle von Gewinnrückgängen agiert werden soll, in Richtung Dividendenkontinuität oder mehr auf eine flexible, gewinnabhängige Dividendenzahlung hin.

Dann weiß der Anleger Bescheid und beteiligt sich auch nur an einer Gesellschaft, deren dividendenpolitische Grundeinstellung zu seiner Anlagepolitik passt. Bliebe anzumerken, dass bei vielen Gesellschaften in der allgemeinen Baisse die Kurse stärker gefallen sind, als die Dividende voraussichtlich sinkt. Für Neuanleger ergibt sich also manchmal eine gestiegene Dividendenrendite. BRUNO HIDDING