Abheben bis mindestens 2024

Die Stadt Mülheim verlängert die Pachtverträge für den Flughafen Essen-Mülheim mit dem Luftschiffbauer WDL um 20 Jahre. Protest kommt aus Essen und von den Grünen im Landtag

VON KLAUS JANSEN

Im Streit um die Zukunft des Flughafens Essen-Mülheim will die Stadt Mülheim Fakten schaffen: Am Donnerstag soll der Stadtrat mit den Stimmen von SPD und FDP beschließen, den Pachtvertrag mit dem Luftschiffbauer WDL bis ins Jahr 2024 zu verlängern.

Während Mülheim den seit Jahren defizitären Airport für den Start von Düsenflugzeugen ausbauen will, drängen Bürgerinitiativen und Mülheimer Grüne seit Jahren auf eine Schließung.

Thomas Behrend, Fraktionssprecher der Mülheimer Grünen erwartet mehr Lärmbelastung weil der Vertrag der WDL erlaube, ihre Maschinen in Mülheim-Essen zu warten: „Damit sind sicherlich nicht die drei Zeppeline gemeint, die die WDL bisher hier hat“, sagt er. Er befürchtet, dass das Luftfahrtunternehmen eine Flotte alter Fokker-Flugzeuge von Köln-Bonn ins Ruhrgebiet verlegen könne. Ein Gutachten der Stadt, das von einer geringeren Belastung ausgeht, hält er für „geglättet“, da es lediglich Mittelwerte enthalte. Lothar Reinhard, Ratsherr für die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), geht noch weiter: „Was, wenn die WDL ihre Rechte an einen Billigflieger abtritt? Wir kriegen einen Düsenflughafen durch die Hintertür.“

Mülheims SPD versucht zu beruhigen: „Am Status des Flughafens ändert sich durch die Vertragsverlängerung nichts“, sagt Fraktionschef Dieter Wiechering. Die Stadt sei dazu gezwungen, den Vertrag zu verlängern, der Pächter habe sonst ein Recht auf Schadensersatz. Laut WDL-Chef Theodor Wüllenkemper sind solche Erbbaurechtsverträge üblich: „So etwas gibt es schon seit über hundert Jahren.“ Bis wann dieser Anspruch gilt, ist allerdings Geheimnis der Vertragspartner. „Das ist eine Mülheimer Angelegenheit“, findet Wiechering, „Essen und das Land haben kein Recht, sich einzumischen.“

Dennoch fordern Essens CDU und Grüne die Offenlegung der Verträge. „Wenn wir Essener betroffen sind, haben wir ein Informationsrecht“, sagt CDU-Mann Norbert Schick. Auch Oliver Keymis, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, ist verärgert über den Mülheimer Alleingang: „Da werden Entscheidungen getroffen“, befürchtet er. „Ein solcher Vertrag, das erinnert an eine Knebelsituation.“ Keymis beruft sich in seiner Ablehnung des Flughafenausbaus auf einen früheren Beschluss der Landesregierung unter Wolfgang Clement, nach dem sich das Land nicht an einer Weiterentwicklung beteiligt.

Allerdings: In der Luftverkehrskonzeption 2010 ist nach Angaben des Verkehrsministeriums das Mülheimer Ausbaukonzept zumindest als Handlungsoption enthalten. Ob Ausbau oder nicht, die Stadt Essen und das Land NRW werden den ungeliebten Flughafen ohnehin weiter betreiben müssen: Auch der Mülheimer Aero-Club, der 15 Segelflieger auf dem Flughafen starten lässt, hat vor Gericht Erbbaurechte durchgesetzt und so den Bestand des Airports bis ins Jahr 2034 festschreiben lassen.