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: Manöver in eigener Sache

Auf den ersten Blick steht die große Koalition in einem ziemlich erbärmlichen Licht da: Der CDU-Landeschef muss erst die Medien zusammentrommeln, um seinem Koalitionspartner ausreichend deutlich zu erklären, dass der zu bleiben habe. Henning Scherfs Triumph hört nicht auf: Er hat die Wahl gewonnen, er hat die Koalition geschmiedet, seine Basis bezwungen und jetzt rutscht Neumann auf Knien vor ihm herum, dass er die CDU und das Land nicht im Stich lasse. Was des einen Erfolg, ist der anderen Niederlage: Die Koalition kann sich von ihrem Übervater nicht befreien.

Aber Neumanns Aussagen lassen sich auch anders interpretieren: als Auftritt in ganz eigener Sache. Er unterstellt Scherf öffentlich, dass der seine „Bringschuld“ womöglich offenlassen will, und droht, dass die CDU einen Nachfolger nicht ohne weiteres mittragen werde. Auf diese Weise zwingt er Henning Scherf vor aller Augen ins Koalitionsbett, das der noch gar nicht verlassen hat und nun auch nicht mehr verlassen kann, ohne Schaden zu nehmen. Es sei denn, Scherf tut es erst im Herbst 2006, dann findet Neumann den Rücktritt seiner Nummer Eins durchaus okay – und damit wird das Manöver relativ durchsichtig. Im Herbst 2006 ist Bundestagswahl. Bernd Neumann ist Bundestagsabgeordneter. Wenn er wieder antritt, dann bitte mit einer gelungenen Koalition im Rücken. Das sieht in Berlin besser aus – und die Wähler in Bremen votieren auch lieber für einen starken CDU-Chef als für einen, der sich mit dem Rot-Grün-Sympathisanten Böhrnsen herumquält und das vielleicht schon von der Oppositionsbank aus. Das möge Scherf ihm doch bitte ersparen. Susanne Gieffers