CDU will ihren Henning Scherf behalten

CDU-Landeschef Bernd Neumann fordert jetzt öffentlich: Henning Scherf soll gefälligst in Bremen bleiben und das klar sagen

Bremen taz ■ CDU-Landeschef Bernd Neumann (Foto) hat gestern Bürgermeister Henning Scherf (SPD) öffentlich aufgefordert, sich seinerseits öffentlich zu bekennen: „Wir erwarten die klare Aussage von Henning Scherf, dass er wie vereinbart weiterhin als Regierungschef zur Verfügung steht und die Einlösung des Kanzlerbriefs zu seiner Sache macht.“

Hintergrund für Neumanns gestrigen Auftritt ist die Aufregung um die Nachfolge für die Spitze der Bundesagentur für Arbeit (BA), für die Henning Scherf im Gespräch war (Neumann: „eine krasse Fehlbesetzung“), sowie Gerüchte, dass der Bremer Bürgermeister als Bundesminister in spe gehandelt wird.

„Scherf hat die wichtigste Frage nicht gelöst: die Realisierung der Zusage aus dem Kanzlerbrief. Scherf hat eine Bringschuld“, formulierte Neumann gestern. Es geht um jene Zusage von Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem kleinsten Bundesland für seine Zustimmung zur Steuerreform im Bundesrat die daraus resultierenden Nachteile auszugleichen. Der Kanzlerbrief wird mit 500 Millionen Euro beziffert – die sind im Haushalt eingestellt. Das Geld aber fehlt. „Henning Scherf ist der einzige, der die Autorität haben sollte, die Einlösung zu erwirken“, so Neumann, und: „Bremen kann sich einen Bürgermeister auf Abruf nicht leisten.“

Herbst 2006 sei in den Koalitionsverhandlungen als möglicher Abgangstermin für Scherf ins Auge gefasst worden, so Neumann, allerdings habe der darauf verzichtet, dieses Datum im Koalitionsvertrag zu fixieren. Dennoch gelte es. „Weder intern und schon gar nicht öffentlich“ sei derzeit von Henning Scherf ein „klares Dementi“ seiner Bundesambitionen zu bekommen, klagte Neumann. Und er drohte: „Wir haben die Koalition mit Henning Scherf als Regierungschef geschlossen.“

Bei der Scherf-Nachfolge – Favorit ist derzeit SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen, es folgt Bildungssenator Willi Lemke – habe die CDU „schon ein Wörtchen mitzureden über den möglichen Bewerber“, so Neumann, „der braucht ja unsere Stimmen.“

Im Rathaus will man Neumanns Aufregung nicht recht verstehen. Herbst 2006? „Eine solche Verabredung gibt es nicht“, sagt Senatspressesprecher Klaus Schloesser, vielmehr sei verabredet, dass Scherf „im Laufe der Legislatur“ versuche, einen Zeitpunkt zu finden, der auch seinem Nachfolger ermögliche, „sich richtig zu entfalten“. Was den Kanzlerbrief angeht, sagt Schloesser: „Henning Scherf ist bei der Arbeit.“ Das Gerede um Scherfs Bundesambitionen sei eine „virtuelle Debatte“. Aber, auch das sagt Schloesser: „Daraus zu schließen, dass – wenn Henning Scherf seinen Ruhestand anders plant – der Kanzlerbrief weniger wert wäre, wäre doch ein unlogischer Schluss.“ Das Gegenteil sei der Fall. Diesen Gedanken formuliert Schloesser im Zuge der BA-Aufregung auch in einem Papier, das Henning Scherf diversen Staatsräten und Senatoren vorgelesen hat. Der Pressesprecher überlegt da, wie dem Eindruck entgegengewirkt werden könne, dass Henning Scherf seine Aufgaben nicht erfüllen wolle: „Wenn überhaupt unterstellt werden kann, dass es An- und Herausforderungen gibt, denen sich der Bürgermeister im Sinne des übergeordneten Gesamtinteresses nicht verweigern könnte, dann überhaupt nur unter der Prämisse, dass zuvor oder zumindest gleichzeitig die wesentlichen Aufgaben und Weichenstellungen in Bremen positiv erfolgt sind und der Bürgermeister sein Wort gegenüber den Wählern und gegenüber dem Land eingelöst hat.“

Susanne Gieffers