Einblick (36)

Manabi Murata, Galerist

taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?

Manabi Murata: Es heißt, dass sich seit der Wende ein Drittel der Berliner Bevölkerung ausgetauscht hat. Sicher ist der Anteil junger Menschen dabei sehr hoch. In gewisser Weise sind die Menschen, die hier großgeworden und geblieben sind, auch in eine andere Stadt, beziehungsweise ist eine andere Stadt zu ihnen gekommen. Ich bin in Berlin aufgewachsen.

Wie wichtig ist der Standort Berlin für Ihre Arbeit?

Wir arbeiten im Haus Schwarzenberg. Als ich im Februar 1998 anfing, an den Räumen zu bauen, wurde ich erst Monate später befragt, wer ich sei und was ich da mache. Damals noch Architekturstudent, wollte ich in den dritten Stock ein japanisches Teehaus und einen Galerieraum einbauen und schauen, was passiert. Ich bekam grünes Licht und einen Mieterlass bis zum Abschluss der Bauarbeiten. Aus dieser spielerischen Freiheit entstand unsere Galerie. Die japanischen Künstler, die seitdem regelmäßig kommen, um bis zu zwei Monate im Haus zu wohnen und hier auszustellen, nehmen automatisch teil an allen weiteren Veränderungen. Die Arbeit mit den Räumen ist uns bis heute noch wichtig. Inzwischen arbeiten wir zudem auch immer stärker mit Berliner Künstlern zusammen.

Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass man in Berlin sehr gut eine eigene Identität aufbauen kann. Aus meiner Sicht birgt die Stadt hierfür viele Möglichkeiten. Dazu trägt nicht zuletzt die Aufmerksamkeit bei, die Berlin von außen geschenkt wird. Aus all diesen Gründen ist die Stadt für unsere Arbeit mit dem wichtigsten Bezugspunkt Tokio nicht ersetzbar.

Woran arbeiten Sie gerade?

Unsere aktuelle Ausstellung trägt den Titel „Zimmer frei“ und zeigt neben Arbeiten von Matias Bechtold und Kengo Nakamura die Edition „Status quo“. Für diese Arbeit hat R. J. Kirsch durch eine Zeichenhilfe aus Stativ und aufgepflanzter Glasscheibe hindurch das Haus Schwarzenberg gezeichnet und den Ort, in die Form eines Heftchens gebracht, künstlerisch dokumentiert.

Was wundert Sie in der Berliner Kunstlandschaft am meisten?

Ich wurde in der Klinik hinter dem Monbijoupark in Mitte geboren und besuchte den Kindergarten an der Ecke des Parks. An seiner Stelle stand bis zuletzt ein zwei Meter hoher Hügel und es stellte sich mir die Frage, was in ihm verborgen war.