NORDKOREA BESCHERT BUSH EINE UNGEWOLLTE PARTNERSCHAFT MIT CHINA
: Cowboys in Peking

Als Präsident des militärisch und wirtschaftlich mächtigsten Staates hat George W. Bush nie einen Zweifel daran gelassen, dass er seine Macht auch zu nutzen gedenkt. Nordkorea dagegen entspricht etwa dem, was ein südkoreanischer Politologe einmal „Somalia mit Atomwaffen“ nannte – ein völlig heruntergewirtschaftetes Land mit extremer Rüstung. Schon an ihrer Somalia-Invasion sind die USA 1993 gescheitert, und Nordkoreas mutmaßliche Atombewaffnung stellt ein Problem dar, das bisher noch keine US-Regierung hat lösen können.

Den Atomvertrag Bill Clintons mit Nordkorea, der ein Einfrieren des dortigen Plutoniumprogramms gegen Hilfe und einen international finanzierten Reaktor vorsah, kritisierten die US-Republikaner als zu entgegenkommend. Bush setzte gegenüber Pjöngjang auf Härte, erreichte jedoch nur, dass Nordkorea sich nicht mehr an die Absprachen gebunden fühlte und heute an zwei Atomprogrammen arbeitet. Aber trotz ihrer scharfen Rhetorik von der „Achse des Bösen“ verfügt die Bush-Regierung heute gegenüber Nordkorea über keinerlei Konzept, abgesehen davon, dass sich militärische Drohungen verbieten, solange das US-Militär im Irak gebunden ist. Vielmehr muss der Präsident jetzt ausgerechnet China dankbar sein und sich auf etwas einlassen, was er gar nicht haben wollte – eine strategische Partnerschaft mit China.

Die ist eigentlich nicht neu – Clinton bot sie Peking schon 1997 an. Das war damals visionär, ohne Substanz zu haben. Bush hingegen sah China als strategischen Rivalen. Jetzt hat ausgerechnet Nordkorea China und die USA zusammengebracht: Ohne Pekings Kooperation gäbe es die Verhandlungen mit Nordkorea in der chinesischen Hauptstadt nicht, wäre Washingtons Ratlosigkeit gegenüber Pjöngjang überdeutlich, hätte der Konflikt um Nordkoreas Atomprogramme wohl keine Aussicht auf Beendigung. Schon vor dem Irakkrieg hielt sich Peking mit Kritik an Washington zurück und ließ anderen den Vortritt. Diese Umsicht zeigt jetzt Resultate. Hinter der chinesischen Außenpolitik steckt weitaus mehr Überlegung als hinter der US-amerikanischen. SVEN HANSEN