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Ausgerechnet zwei deutsche Produktionen haben die bislang vorliegende Bilanz von Kinobesuch und Kinoumsatz im ersten Quartal 2003 vor dem völligen Absturz gerettet: Denn ohne die über fünf Millionen Zuschauer von Wolfgang Beckers DDR-Tragikomödie „Good Bye, Lenin“ und den 1,7 Millionen Zuschauern der Neuverfilmung von Erich Kästners Jugendroman-Klassiker „Das Fliegende Klassenzimmer“ müsste bereits wieder einmal von einer Kinokrise gesprochen werden.

Ende April werden 9,2 Prozent weniger Besucher und 10,3 Prozent weniger Einnahmen in Deutschland registriert. Aus Hollywood konnten nur die Komödien „Catch me if you can“ (3,4 Millionen Zuschauer) und „Ein Chef zum Verlieben“ (2,3 Millionen) sowie „8 Mile“ mit Kult-Rapper Eminem (2,7 Millionen) Massen vor die Leinwände locken. Auch der US-Sensationshit „My Big Fat Greek Wedding“, ebenfalls eine Komödie, sorgte mit 1,8 Millionen Zuschauern für ein überdurchschnittliches Ergebnis.

Neben dem Irakkrieg, der den eigenen Spielfilmen am Fernseher Konkurrenz machte, ist die eigentliche Erklärung für die deutlich verringerte Akzeptanz von US-Filmen ziemlich brisant: Aus Hollywood sind gerade in den letzten Wochen ungewöhnlich viele qualitativ hochwertige und inhaltlich ambitionierte Produktionen in die deutschen Kinos gelangt. Das Publikum fand jedoch keinen Gefallen an Filmen wie „Adaption“ oder „Dem Himmel so fern“, die es jeweils auf nicht einmal 100.000 Besucher brachten.

Auch herausragende Filme wie „The Hours“, „About Schmidt“ und „Frida“ vermelden nur zwischen 370.000 und 500.000 Kinogängern. Das ist achtbar, aber kommerziell alles andere als überwältigend. Und der Oscar-Triumphator des Jahres, die Filmversion des Musicals „Chicago“, liegt nach sieben Wochen Laufzeit mit rund 700.000 Zuschauern deutlich unter den wesentlich höheren Erwartungen. Darunter leiden übrigens die Multiplex-Theater in der Regel weit mehr als Programmkinos.

Letztere konnten, wenn sie „Good Bye, Lenin“ und einen Zielgruppenfilm wie „Frida“ auf dem Programm hatten, ganz gegen den Trend teilweise kräftige Zugewinne gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Und dann wird der deutsche Film ab dem 17. Juli auch wieder in seiner kassenstärksten Form da sein, wenn wieder einmal „Werner – Ein Volk, ein Könich“ in Einsatz kommt. Das norddeutsche Proll-Idol könnte kommerziell einige Hollywoodfilme vergessen machen, die einfach nur zu gut waren.