Deal im Eschede-Prozess

Gericht schlägt Einstellung des Verfahrens zumICE-Unglück gegen Zahlung von je 10.000 Euro vor

HANNOVER ap/dpa ■ Fast fünf Jahre nach der ICE-Katastrophe von Eschede steht der Strafprozess um das Unglück mit 101 Toten vor der Einstellung. Der Vorsitzende der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg schlug gestern am 52. Verhandlungstag eine Einstellung des Strafverfahrens gegen die drei angeklagten Ingenieure vor. Sie müssen sich seit vorigen August wegen fahrlässiger Tötung in 101 Fällen verantworten. Der Vorsitzende Richter Michael Dölp bezeichnete eine Einstellung gegen Zahlung von je 10.000 Euro als angemessen.

Die Ursache des Radreifenbruchs, der die Katastrophe auslöste, und die Frage nach schuldhaftem Versagen der Angeklagten beantworteten die Gutachter sehr unterschiedlich. Die Anklage warf den drei Ingenieuren der Bahn und des Radreifenherstellers vor, die gummigefederten ICE-Räder mit Radreifen ohne ausreichende Haltbarkeitstest zugelassen zu haben.

Zuvor hatten Nebenkläger einen Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt. Es sei der Eindruck entstanden, eine Einstellung des Verfahrens sei bereits beschlossene Sache und eine vorgesehene Anhörung der Nebenkläger „nur noch eine Farce“, sagte Nebenklagevertreterin Christiane Berger gestern. Sollte das Gericht das Verfahren tatsächlich einstellen, würden sich die Nebenkläger an das Bundesverfassungsgericht wenden, weil ihnen rechtliches Gehör verweigert worden sei, kündigte Nebenklagevertreter Reiner Geulen an. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hätten den Deal bereits weitgehend ausgehandelt.