debatte: ende der steinkohle – ende einer ära?
: Zu den Zechenschließungen gibt es keine Alternative

SPD-Akteure wollen den nationalen Kohlesockel festschreiben. Nicht notwendig, meint Reiner Priggen und fordert ein Abbauende am Rhein

Ein Bonmot über Nordrhein-Westfalen lautet: „Die Menschen in NRW sind schwarz und arbeiten unter Tage.“ Tatsächlich arbeiteten in den Sechziger Jahren mehr als 600.000 in den Bergwerken. Gemeinsam mit den Stahldynastien prägte die Kohle den Mythos des Landes. Verbunden damit ist die Entstehung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften im Ruhrgebiet. Man muss das wissen, um nachvollziehen zu können, warum sich vor allem die SPD so unendlich schwer tut, die Realitäten zu akzeptieren

SPD und Grüne stehen in Düsseldorf und in Berlin beim Thema Steinkohle vor Entscheidungen mit Auswirkungen auf künftige Haushalte. Die deutsche Steinkohle kann nicht ohne Subventionen gefördert werden. Auf dem Weltmarkt kostet eine Tonne rund 40 Euro. Hier geförderte Steinkohle kostet mindestens 150 Euro. Rund drei Viertel der Kosten müssen also öffentlich gefördert werden.

Im Kohlekompromiss von 1997 wurde von der CDU/FDP-Bundesregierung mit Zustimmung von SPD und Grünen ausgehandelt, der Kohle für die Jahre 1997 bis 2005 ausreichende Mittel zu geben, um einen Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen möglich zu machen. Die Zahl der Bergleute sollte auf 36.000, die Zahl der Bergwerke auf zehn im Jahr 2005 reduziert werden.

Für die Zeit nach 2005 muss nun eine Anschlussregelung gefunden werden. Weder Bund noch Land könnten die Entlassung von rund 36.000 Menschen verantworten. Vor diesem Hintergrund gibt es bei entscheidenden Akteuren der SPD einen Paradigmenwechsel. Nun soll ein Sockelbergbau zur Sicherung der Energieversorgung mit heimischer Steinkohle geschaffen werden.

In einem Spitzengespräch beim Kanzler hat sich ein bis heute unbekannter Teilnehmerkreis am 15. Juli 2003 nach Angaben der RAG auf folgende Eckwerte verständigt: 2012 sollen 20.000 Beschäftigte 16 Mio. t. Steinkohle fördern, zwischen 2006 und 2012 sollen 15,87 Mrd. Euro öffentliche Hilfe fließen.

Aus grüner Sicht gibt es keine Notwendigkeit für einen Nationalen Kohle Sockel und keine Alternative zum Gleitflug aus der Steinkohle. Das bedeutet die Schließung von fünf Zechen in den Jahren 2007 bis 2012. Über die Bergwerke im Saarland und Lohberg/Oberhausen hinaus müssen drei weitere bis 2012 stillgelegt werden. Voraussichtlich sind es drei Zechen im Ruhrgebiet.

Nun stellt sich die Frage, an welchem Standort welche Folgekosten und Risiken verursacht werden. Es gibt Standorte, an denen die Kohle nach wie vor hohe Akzeptanz hat. Und es gibt die Standorte am Rhein, die die dort lebenden Menschen einem erheblichen Hochwasserrisiko aussetzen. Das ist eindrucksvoll in einer Landtagsanhörung vom Kreis Wesel und vom Katastrophenschutzbeauftragten des Innenministeriums bestätigt worden. Daraus folgt, dass die öffentliche Hand sich auch um die Frage der Fortsetzung des Bergbaus kümmern muss. SPD und Grüne haben im Düsseldorfer Signal vereinbart, den Abbau unter dem Rhein schnellstmöglich zu beenden. Das gilt es jetzt umzusetzen!

REINER PRIGGEN