Dreckmacher bangen um Jobs

IG Metall und ThyssenKrupp sehen Arbeitsplätze durch Emissionshandel bedroht. Allein in Duisburg stünden 4.000 Arbeitsplätze auf der Kippe. Umweltschützer halten das für pure Stimmungsmache

VON ELLEN REGLITZ

Die Ruhrgebietsindustrie macht Front gegen den Klimaschutz. Durch den Emissionshandel seien nach Angaben des Stahlkonzerns ThyssenKrupp und der IG Metall allein am größten deutschen Stahlstandort Duisburg bis zu 4.000 Arbeitsplätze gefährdet. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in NRW meint dazu: „Klappern gehört zum Geschäft.“

Deutschlandweit sollen sogar 10.000 Beschäftigte um ihren Job bangen müssen. Seltsam findet das Dirk Jansen, Sprecher des BUND in NRW. „Herr Trittin verlangt nichts Unmögliches“, sagt Jansen. Der Bundesumweltminister muss bis zum 31. März den so genannten Nationalen Allokationsplan (NAP) erstellen, der die Verteilung von Emissionszertifikaten auf 2.300 Industrieanlagen in Deutschland festlegt. Etwa 600 dieser Anlagen befinden sich in NRW. Im Januar 2005 soll dann der europaweite Handel mit Emissionszertifikaten beginnen: Unternehmen können ihre Zertifikate verkaufen, wenn sie ihre Emissionen reduzieren. Stoßen sie hingegen mehr Kohlenstoffdioxid aus, müssen zusätzliche Zertifikate gekauft werden. Ziel ist es, Emissionen zu senken und damit der Umweltverschmutzung entgegen zu wirken.

Doch was der BUND und die Bundesregierung für machbar halten, macht der Stahlindustrie zu schaffen. „Bei den geforderten Einsparungen müsste die Stahlindustrie bereits ab 2005 Emissionsrechte dazu kaufen“, meint der Leiter des Düsseldorfer IG Metall-Büros, Friedhelm Matic. Nach Matics Angaben sollen fünf Prozent der derzeitigen Kohlenstoffdioxid-Emissionen eingespart werden. „Wir halten 1,2 bis drei Prozent für machbar“, so Matic. Für den Rest müssten dann Emissionsrechte zugekauft werden. „Dann müssen auch Hochöfen geschlossen werden“, prophezeit Matic.

Der ThyssenKrupp-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wilhelm Segerath sieht das ähnlich. „Es wird vergessen, dass die Kohlenstoffdioxid-Emission für die Stahlindustrie prozessbedingt unumgänglich ist“, so Segerath. Um Emissionen zu reduzieren, müsste die Produktion zurückgefahren werden. „Wie es aussieht, wird die Stahlindustrie nicht mehr konkurrenzfähig sein, wenn der Emissionshandel nach den derzeitigen Plänen umgesetzt wird “, glaubt Segerath. Er finde es unverständlich, warum nicht auch an anderen Stellen, zum Beispiel beim Verkehr, massiv Emissionen eingespart werden sollen.

Dirk Jansen vom BUND hält das für puren Egoismus: „Damit wälzt die Industrie das Problem auf den Autofahrer, also auf den kleinen Mann, ab.“ Jansen befürchtet, dass die Industrie den Emissionshandel zum Sündenbock stilisiere und sich mit lautem Klappern aus den vormals mit der Bundesregierung abgeschlossenen freiwilligen Klimavereinbarungen verabschieden will. „Wir können nur hoffen, dass Berlin nicht auf die Kohlelobbyisten hört.“