Theater um Ästhetik

Rosi Ulrich tritt mit ihrem „theater-51grad.com“ aus der Kölner Theaterkonferenz aus. Sie vermisst Diskussionen

KÖLN taz ■ Die Kölner Theaterkonferenz, die rund 50 freie Theater, Theatergruppen und die städtischen Bühnen vertritt, hat ein prominentes Mitglied verloren: Die freie Gruppe „theater-51grad.com“ erklärte ihren Austritt. Mit harschen Worten schießt Rosi Ulrich vor allem gegen das Theaterkonferenz-Vorstandsmitglied Joe Knipp, der als „kulturpolitischer Sprecher auftritt und sich als Ästhetik-Papst hervortut“. Weiter „verwehrt“ sie sich gegen das von der Theaterkonferenz „immer wieder eingesetzte Qualitätsmerkmal ‚Vielfalt‘“. Vielfalt allein sei noch keine Qualität. „Das Spektrum ist so breit, dass keine Diskussion über Ästhetik möglich ist“, erklärte sie der taz.

Mit dieser „Kündigung“ bricht ein alter Konflikt wieder auf. Schon Ende 2002 hatten sich sieben Kölner Theater und freie Gruppen – darunter das Theater im Bauturm, die Comedia und auch theater-51grad.com – zur „Plattform Kölner Theater“ zusammengeschlossen. Dies war eine Reaktion auf die städtische Förderpolitik, die, so die Plattform-Mitglieder, eher auf Breite statt auf Qualität setze. Offizielle Gespräche zwischen Plattform und Theaterkonferenz gibt es seitdem kaum. Eine Teilnahme der Dissidenten am „Theaterbummel“ auf der Schildergasse im vorigen Jahr wurde von der Theaterkonferenz abgelehnt, berichtet Gerhard Haag vom Theater im Bauturm.

Knipp, Chef des Theaters am Sachsenring, kommt Ulrichs Kritik „absurd“ vor, zumal „Frau Ulrich bei allen wichtigen Entscheidungen in der Theaterkonferenz dabei war“. Die einstimmig beschlossene Kulturpolitik sei es, die Vielfalt und die Breite der Kölner Szene zu stärken, da nur daraus auch Spitzenleistungen entstehen könnten. Außerdem sei gerade die Vielfalt ein gewichtiges Argument für die Bewerbung Kölns als Kulturhauptstadt Europas 2010. Dass die offene und auch öffentliche Diskussion zwischen den Theaterleuten über moderne Theaterästhetik zu kurz kommt, räumt er ein. „Aber kritische Solidarität ist sehr schwer.“

Gegen die Politik der Theaterkonferenz, die Position der Theater gegenüber der Politik zu stärken, hat Ulrich nichts, aber die „freien Freien“ – also die Gruppen ohne eigene Bühne – kämen dabei zu kurz. Jürgen Schön