Mautdebakel Problem des Bundes

Länderverkehrsminister wollen ihre Einnahmeausfälle von der Bundesregierung ersetzt haben. Schließlich seien die Millionen im Vertrauen auf die Berechnungen aus Berlin längst verplant worden. Sie befürchten Arbeitsplatz-, aber auch Imageverluste

AUS FRANKFURT/MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Geladen zu der Sondersitzung der Verkehrsminister der Bundesländer hatte der rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Verkehrsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP). Und schwer geladen waren sie alle nach Frankfurt/M. gekommen. Schließlich galt es, beim Bund die Milliardenbeträge einzuklagen, die den Ländern wegen des Desasters mit der Maut nun nicht wie geplant zufließen werden. Und die Länderminister waren sich einig: Der Bund muss die Finanzierung aller geplanten Bauvorhaben aus Haushaltsmitteln sicherstellen, der Bundestag umgehend die Haushaltssperre über 1,06 Milliarden Euro für die ursprünglich veranschlagten Mauteinnahmen aufheben – auch wenn dafür neue Kredite aufgenommen werden müssten.

Bauckhage beispielsweise braucht die längst für laufende Verkehrsprojekte in den Landeshaushalt eingestellten Finanzmittel dringend: Das Land arbeitet mit Hochdruck am Ausbau der Straßen- und Schienenanbindung des Flughafens Hahn an den Airport Rhein-Main in Frankfurt. Und die Autobahnlücke auf der A 61 vor Kaiserslautern soll endlich geschlossen werden. Allein in Rheinland-Pfalz gehe es zudem um 70.000 Arbeitsplätze in der Hoch- und Tiefbauindustrie, die wegen der Mautausfälle massiv gefährdet sein sollen.

Einen Ausgleich für die Mautausfälle forderte auch der nordrhein-westfälische Strukturminister Axel Horstmann (SPD) vom Bund. Ansonsten drohten bundesweit nicht nur verkehrs-, sondern auch strukturpolitische Probleme. Horstmann bezifferte den Fehlbetrag allein für sein Bundesland für 2004 auf 150 Millionen Euro. Wie der Bund das Geld beschaffe, sei allerdings allein seine Sache. Vielleicht könnten im Bundeshaushalt noch „konsumptive Mittel“ eingespart werden, sinnierte Horstmann. Nur für den „Notfall“ plädiere er für eine Kreditaufnahme.

Die Not ist allerdings schon groß in den Ländern mit den leeren Kassen. Der hessische Verkehrsminister, Alois Riehl (CDU), sieht gar die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Gefahr. „Unsäglich blamieren“ würde sich Deutschland, wenn bis zum Eröffnungsspiel in München zwar die Stadien alle fertig gebaut seien, es dann aber an Zubringerstraßen mangele. Im Vorfeld der Konferenz gelassen blieb nur der bayerische Verkehrsminister, Otto Wiesheu (CSU). Er forderte keine Ausgleichszahlungen für Bayern vom Bund, sondern zukünftig „seriösere Planungen“.

Ganz und gar sauer auf den Bund ist dagegen die Bauindustrie. Deren Verbandssprecher, Michael Knipper, wies auf Probleme auch bei den Wasserbauunternehmen hin. Durch die aktuelle Sperrung von 126 Millionen Euro Mauteinnahmen könnten die Wasser- und Schifffahrtsämter bald bundesweit die Rechnungen der Bauauftragsnehmer nicht mehr bezahlen. Auch im Straßen- und Schienenbau stünden plötzlich Haushaltsmittel nicht mehr zur Verfügung. Einen solchen „investitionspolitischen Kahlschlag“, so Knipper, könne sich dieses Land nicht leisten.