Medien unter Pixelzwang

Im „Holzklotz-Prozess“ fängt sich N24 ein Grundsatzurteil ein: Verdächtige müssen im Bild anonymisiert werden

Medien dürfen Angeklagte in spektakulären Strafprozessen nur in verpixelter Form zeigen. Das hat das Bundesverfassungsgericht gestern in einem Eilbeschluss entschieden und damit eine Anordnung des Oldenburger Landgerichts bestätigt.

Dort steht derzeit der Spätaussiedler Nikolai H. vor Gericht. Er soll im März einen Holzklotz von einer Brücke aus auf das Auto einer Familie geworfen haben. Dabei starb die Beifahrerin.

Zwar darf in Deutschland während Gerichtsverfahren generell nicht gefilmt werden. Vor, zwischen und nach Verhandlungen sind Aufnahmen aber möglich. Der Vorsitzende Richter in Oldenburg entschied jedoch, dass das Gesicht von H. nur in „anonymisierter“ Form gezeigt werden durfte. Weil sich der Nachrichtensender N24 damit aber nicht abfinden wollte, klagte er in Karlsruhe: Dieser verordnete Pixelzwang schränke eine „fernsehtypische“ Berichterstattung übermäßig ein und werde dem hohen öffentlichen Interesse nicht gerecht.

Das Verfassungsgericht lehnte die Klage des Privatsenders ab: Solange Nikolai H. nicht verurteilt sei, gehe sein Persönlichkeitsrecht vor. Ihm drohe eine Stigmatisierung, die selbst ein eventueller Freispruch nicht mehr beseitigen könne.

Zwar liegen von H. noch unverpixelte Filmaufnahmen vor, die aus der Zeit vor dessen Anklage stammen. Mit der Karlsruher Entscheidung im Rücken könnte H. nun aber juristisch gegen eine Nutzung vorgehen. CHR

Az.: 1 BvQ 46/08