Der Staat baut auf Ausgrenzung

betr.: „Ausgesondert. Mit staatlichem Zwang“ von Magdalena Federlin, taz vom 26. 11. 08

Liebe Frau Federlin, vielen Dank für Ihren Beitrag! Ihre Empörung teile ich voll und ganz. Meine behinderte Tochter hat ein verschenktes Jahr in einer Sonderschule hinter sich und nun besucht sie seit eineinhalb Jahren eine private Gesamtschule, wo auch ihre Schwestern hingehen – mit enormem Erfolg für sie und, wie mir die Klassenlehrerin versichert, auch für die anderen SchülerInnen. (Problematischer seien in dieser Klasse andere, „normale“ Kinder!) Das Recht darauf haben wir mit viel Beharrlichkeit, großem Engagement der Schule und Glück durchgesetzt.

Das deutsche Schulwesen ist in Bezug auf den Umgang mit Behinderten ein Skandal, ja eine einzige große Menschenrechtsverletzung. Das hat ja auch der UN-Menschenrechtskommissar festgestellt und wurde daraufhin von unseren Bildungsverwaltern abgekanzelt. Egal, wo man hinschaut, der Staat baut in Sachen Schule auf Differenzierung, Ausgrenzung und Konkurrenz unter Kindern und Jugendlichen. Darunter leiden besonders die Schwächsten, Hauptschüler und Sonderschüler – was in Deutschland ja häufiger als andernorts auch die sozial Schwächsten sind.

Letztlich leiden aber alle, denn ich bin davon überzeugt, dass alle enorm profitieren würden, wenn, wie Sie schreiben, „Normalität“ auch in Deutschland die unendliche Vielfalt des Daseins mit einschlösse. Krokodilstränen über die ethisch-moralische Orientierungslosigkeit zu vergießen, während man gleichzeitig ein solch selektives System befürwortet, ist nichts als Heuchelei.

CHRISTIAN SCHMITT-KILB, Rostock