Oh du rätselhafte Flasche Beck’s!

Der russisch-bremische Regisseur Radik Golovkov zeigt in einer Werkschau seine drei poetischen Kurzfilme

Jedes Bild ist subtil mit der gleichenelegischen Stimmung durchtränkt

Wer hätte gedacht, dass man eine Beck’s-Flasche so poetisch filmen kann? Ein Mann sitzt an einer Bordsteinkante, man sieht ihn nur bis knapp unter Schulterhöhe. Aus dem abfließenden Wasser der Straße fischt er ein Stück Papier mit einem Gedicht, bei dem einige Wort fehlen. Aber das wird man erst später erfahren, denn der ganze Film „Unvollkommen“ wird davon erzählen, wie er versucht, diese amputierten Zeilen zu rekonstruieren.

Aber noch sind wir beim Anfangsbild, das ohne die grüne, fast geleerte Bierflasche neben dem Torso des Mannes sicher nicht selber auch wie der Beginn eines Gedichts wirken würde. Warum dies so ist, ist schwer zu ergründen! Die Bierflasche hat keine dramaturgische Funktion, und doch taucht sie als ein Leitmotiv noch öfter in dem Film auf. Vielleicht ist sie ein „running gag“, vielleicht entpuppt sich der russischstämmige Filmemacher Radik Golovkov, der in Bremen lebt und arbeitet, als trinkfreudiger Lokalpatriot.

Sicher ist nur, dass er ein genaues Gespür für die Komposition einer Einstellung hat. Seine drei Filme, die am Sonntag in einer Werkschau in der Schauburg gezeigt werden, bestehen ausnahmslos aus solchen poetisch aufgeladenen Bildern. Sie erzählen dazu keine eindeutig erkennbaren Geschichten. Der erste, „Zwanzig Minuten mit einem Engel“, der auf einem Text von Alexander Vampilov basiert, ist eine Meditation darüber, ob Menschen überhaupt zu einer rein selbstlosen Tat fähig sind.

Auch der zweite Film fußt auf einem Stück russischer Literatur. In „Eleghia“ spricht eine Stimme im Off einen Monolog von Daniil Charms, in dem über die unterschiedlichen Arten der Liebe philosophiert wird. Dazu zeigt Golovkov ein Mosaik von Momenten im Leben einiger Menschen, springt scheinbar willkürlich zwischen den Zeiten, Beziehungen und Konflikten hin und her, sodass sie nur assoziativ erfassbar sind – und doch ist jedes Bild subtil mit der gleichen elegischen Grundstimmung durchtränkt. Für „Unvollkommen“ bedient sich Golovkov nicht mehr bei den großen Vorbildern der russischen Literatur – sondern rückt, in einer literarischen Spurensuche, ganz beiläufig die schönsten Buchläden und Antiquariate Bremens ins Bild. Hip

Radik Golovkov-Werkschau: Sonntag, 20 Uhr, Schauburg. In Anwesenheit des Regisseurs