silke burmester
: Auch ein lahmender Gaul riecht gut

Die Werbebranche bleibt Oliver Kahn treu. Trotz seiner Blamage im Champions-League-Spiel gegen Real Madrid. Als Werbeträger muss er ja nur duften

Schließen Sie die Augen und denken Sie an Oli Kahn. Kahn vor dem Spiel gegen Real Madrid. Was sehen Sie? Wahrscheinlich einen verschmierten Torwart, der übers Feld brüllt. Oder den Titel einer Bild, mit Foto von Kahn und dem einer Frau. Auch, wenn man nicht mehr weiß, was bei Kahn los war, so war da aber doch was mit seiner Frau und einer Frau. Sie sind also in Gedanken bei Oli Kahn. Jetzt schnuppern Sie mal an ihm. Wonach riecht der? Nach Schweiß? Nach Schmusimusibettgeruch? Genau! Wenn zwei Dinge im Zusammenhang mit Oli Kahn nicht nett sind, dann ist es, von ihm angebrüllt zu werden und mit der Nase zu sehr in seine Nähe zu gelangen.

Es passt, dass das traditionsreiche Unternehmen „Mäurer + Wirtz“ seinen Duft „Tabac MAN“ mit der Figur Oliver Kahns bewirbt. „Natürlich, männlich, kraftvoll“, wie es auf der Homepage heißt. Zum Eigentor aber wird das Anzeigenmotiv von Kahns Konterfei durch den knappen Spruch „Der Mann. Sein Duft.“ Am Dienstagabend ist aus dem millionenschweren Rennpferd ein lahmender Gaul geworden, von dem keiner weiß, ob er zu seiner alten Form zurückfindet. Im Radio melden sich all jene selbst ernannten Fußballexperten zu Wort, die den 34-Jährigen aufs Rententeil schicken möchten, die Boulevardpresse tut ihr Übriges. Alt sei er, heißt es, habe seinen Zenit überschritten. Durch einen Faupax ist in letzter Spielminute aus dem „Sei ein Mann. Geh Deinen Weg“-Duftserien-Werbeheld eine Luschennummer geworden. „Mäurer + Wirtz“, 1845 gegründet, will an seiner Werbefigur festhalten. 2004 läuft der Vertrag aus, die Option zur Verlängerung bis 2006 will man derzeit noch wahrnehmen. Man setzt auf den Siegertyp, den Kahn verkörpert, und hofft auf seinen Ehrgeiz, wie Phönix auf dem Rasen zu stehen.

Das kleine Beispiel Kahn veranschaulicht einmal mehr, wie empfindsam das mediale Geflecht aus Absicht, Darstellung und Protagonisten ist. Schließt man die Augen und stellt sich vor, unter welchem enormen Druck sich Kahn dem nächsten entscheidenden Ball entgegenstellen muss, bleibt nur zu hoffen, dass er so eingebildet ist, wie er tut. Schließlich riecht Angstschweiß wirklich nicht lecker.