Mazedoniens Präsident verunglückt

Boris Trajkovski war ein Vermittler in dem Konflikt zwischen albanischen und slawischen Volksgruppen

SPLIT taz ■ Trauer herrscht in Mazedonien. Als die Nachricht vom Absturz des Flugzeugs in der Nähe von Mostar kam, in dem der Präsident des Landes, Boris Trajkovski, mit acht Begleitpersonen saß, stoppte in der Innenstadt der Verkehr. Radiosender und das Fernsehen brachten nur noch ernste Musik. Mit Trajkovski ist der wichtigste Politiker des Landes zu Tode gekommen.

Der 47-jährige Vater von zwei Kindern wollte gestern Vormittag zu einer hochkarätig besetzten Wirtschaftskonferenz mit seinen Sicherheitsleuten und Beratern nach Mostar fliegen. In dem von Nebel verhangenen gebirgigen Gelände nördlich der kroatischen Hafenstadt Dubrovnik geriet das Flugzeug in einen Sturm. Plötzlich verschwand es von den Radarschirmen. Die lokalen Rettungskräfte, die von internationalen SFOR-Friedenstruppen unterstützt wurden, hatten Schwierigkeiten, zum Unglücksort vorzudringen, da das Gelände noch immer vermint ist. Man vermutet, das Flugzeug sei gegen einen Berg geprallt.

Um diese Jahreszeit ist die Region für Flugzeuge sehr gefährlich, da hier oftmals kalte nördliche und warme südliche Winde aufeinander prallen. Nach Bekanntwerden des Unglücks sagten der albanische Regierungschef Fatos Nano und der Präsident Serbien-Montenegros Svetozar Marović zunächst ihre Flüge nach Mostar ab. Die von 2.000 Vertretern der Wirtschaft und vielen Politikern besuchte Konferenz wurde trotz des Unglücks gestern eröffnet. Auf dieser „Bosnien Investitionskonferenz“ sollen die Möglichkeiten für die Investitionen ausländischen Kapitals in Bosnien und der Region erörtert werden.

Für Mazedonien bedeutet der Tod Trajkovskis einen herben politischen Verlust. Der als Kandidat der Nationalistenpartei VMRO im Dezember 1999 gewählte Vizeaußenminister entwickelte sich im Laufe seiner Amtszeit zu einem gemäßigten, international denkenden Politiker. Er hatte großen Anteil daran, dass die Krise von 2001, während der es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Albanern und slawischen Mazedoniern kam, gemeistert wurde. Damals bewies sich Trajkovski als vorausschauender Vermittler zwischen den Volksgruppen. Gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft und der Führung der albanischen UÇK-Guerrilla unter Ali Ahmeti entwickelte er das Abkommen von Ohrid. Damit wurde das Land befriedet und zugesichert, die albanische Minderheit besser in den gemeinsamen Staat Mazedonien zu integrieren.

Mazedonische Nationalisten haben dem Juristen und USA-Kenner Trajkovski gerade dies bis heute nachgetragen. Doch die Mehrheit der Bevölkerung aus beiden ethnischen Gruppen erkannte seine Leistung als Vermittler an. Der Frieden von Ohrid ermöglichte nämlich nicht nur die innenpolitische Befriedung, sondern auch erste Schritte für die Integration in die Nato und die EU. Eine mazedonische Regierungsdelegation wollte gestern in Dublin den Antrag für die Aufnahme von Gesprächen über die EU-Mitgliedschaft stellen. Das wurde wegen des Unglücks zunächst abgesagt. Mit tatkräftiger Hilfe Trajkovskis hatte das Parlament gegen die Widerstände der Extremisten die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Auch die kürzlich erfolgte Anerkennung der seit zehn Jahren umstrittenen albanisch-sprachigen Universität in Tetovo ist ihm mit zu verdanken.

Trajkovski konnte sich auch deshalb zum Präsident „aller Mazedonier“ entwickeln, weil er als evangelischer Christ weder der orthodoxen Mehrheitsbevölkerung, noch den über 40 Prozent Muslimen angehört. 2001 verlief die Scheidelinie des Konflikts zwischen orthodoxen Slawen und muslimischen Albanern.

ERICH RATHFELDER