pressschlag
: Der tapfere Auge

Gar nicht witzig

Als es nichts mehr zu tun gab für ihn, außer zu gehen, versuchte sich Klaus Augenthaler, der Fußballlehrer, an einem letzten Witz. „Ich fahre jetzt zum Präsidenten und hole mir die Tapferkeitsmedaille für drei Jahre Nürnberg ab“, sagte „Auge“ da. Amüsiert hat sich darüber freilich niemand. Manche Späße sind einfach zu nahe an die Wahrheit gebaut, als dass man über sie auch noch lachen könnte.

Die Wahrheit des Fußballlehrers Klaus Augenthaler geht so: Vor drei Jahren übernahm der Weltmeister von 1990 einen finanziell nicht wenig verschuldeten und ebenso mittelmäßigen Zweitligaverein, führte ihn in die Bundesliga, hielt dort unter höchsten Anstrengungen und wenig Geld tatsächlich die Klasse – und hätte nach dieser Runde wohl auch mit ihm absteigen müssen. Ja, so wäre Auges Wahrheit wohl weitergegangen, wenn Michael A. Roth, eine Art Napoleon für Arme und Präsident beim Club in Nürnberg, am späten Dienstagabend nicht getan hätte, was er schon so lange im Schilde führte: Auge feuern. „In diesem Geschäft muss man eben schnell handeln“, wird Roth zitiert; Mitte März, als er das schon mal tun wollte, dann aber von revoltierenden Fans daran gehindert wurde, hatte der Präsident noch gesagt: „Wenn es nicht reicht, steigen wir eben ab und gehen mit Klaus Augenthaler in die 2. Liga.“ Das sagt alles über Michael A. Roth – und über die Bedingungen, unter denen Klaus Augenthaler drei Jahre lang zu arbeiten – und zuletzt auch zu leiden hatte. Jetzt ist das Spiel für ihn aus. Wolfgang Wolf darf nun mit dem Club absteigen. Was Auge bleibt sind drei Jahre Nürnberg – und seine wohlverdiente Tapferkeitsmedaille. FRANK KETTERER