Córdoba soll nicht in Finnland liegen

Die deutschen Eishockey-Cracks können morgen gegen Österreich den Einzug ins WM-Viertelfinale perfekt machen

HELSINKI taz ■ Die Stimmung im Lager der Österreicher könnte kaum besser sein. Die Aussichten des Alpinvolkes bei der Eishockey-WM in Finnland erscheinen wunderbar: Die Ösis müssen in der Zwischenrunde am Samstag schließlich nur noch Deutschland schlagen und dann gegen die Ukraine punkten – und schon wäre die Teilnahme am Viertelfinale so gut wie sicher. Dieses haben die Cracks aus dem Alpenland bislang nur einmal erreicht, 1994 in Italien war das.

Die Euphorie ist also groß. Das 6:2 über Slowenien am Dienstag war der zweithöchste Sieg, den Österreich je bei einer WM erzielte. Das gibt Schwung für die nächsten Aufgaben. Hoffen sie alle. Manch Österreicher träumt gar schon von einem Córdoba auf Eis. Dieses käme genau zum richtigen Zeitpunkt, der Alpenstaat feiert in diesem Jahr das silberne Jubiläum jenes Ereignisses, an dem Edi Finger senior sein längst legendäres „I werd narrisch“ ins Mikrofon brüllte: Am 21. Juni 1978 bezwang Österreich die Deutschen bei der Fußball-WM in Argentinien mit 3:2.

Hans Zach, der deutsche Bundestrainer, der in Finnland außerordentlich gut gelaunt und locker wirkt, kramt seinen Humor hervor, wenn er solche Dinge hört. „Die Österreicher sind mutig und trinkfest – wie wir Bayern“, sagt der Mann aus Bad Tölz, „ich habe viele Freunde dort. Geschenke wird es trotzdem keine geben.“ Und mit weitaus ernsterer Miene fügt Zach hinzu: „Es wird ein unangenehmes Spiel für uns. Österreich ist sehr kampfstark und spielt kompakt. Sie sind sehr gefährlich.“ Trotzdem, so der Coach, sei Österreich zu schlagen. Sollte dies gelingen, so hätte plötzlich Deutschland das Viertelfinale so gut wie sicher. Die mehr als wahrscheinlichen Niederlagen gegen Tschechien und Finnland in den Zwischenrundenspielen danach wären jedenfalls kaum ein Problem mehr.

Falls die deutsche Nationalmannschaft so weitermacht wie in ihren letzten beiden Partien, hat sie durchaus gute Chancen auf das Viertelfinale. Schon beim 3:1-Sieg gegen die Ukraine spielte das Zach-Team deutlich besser als beim überheblichen 5:4 über Japan zum Auftakt. Am Mittwoch unterlagen Zachs Profis dann zwar Titelverteidiger Slowakei mit 1:3, doch gelang es ihnen dabei mit konsequentem und sehr konzentriertem Defensivspiel, die Super-Techniker mit ihren 13 Profis aus der NHL lange Zeit in der Entfaltung ihrer Fähigkeiten einzuschränken. Im ersten Drittel war Deutschland sogar mit 1:0 in Führung gegangen, danach allerdings schalteten die Slowaken einen Gang höher, steigerten ihre Präzision und Effektivität – und schossen zu Beginn des Mitteldrittels zwei schnelle Tore.

„Es hätte alles zusammenkommen müssen, dann wäre vielleicht ein Remis möglich gewesen – aber nur dann“, sagt Zach. „Die Slowaken sind einfach eine Klasse besser als wir.“ Eine Niederlage mit nur zwei Toren gegen den Weltmeister sei dennoch ein „sehr achtbarer Erfolg“. Zumal Österreich lediglich beim Sieg über die Slowenen überzeugte. Zuvor ließ es sich von Finnland mit 1:5 und von den Tschechen mit 1:8 abschießen.

Schon deshalb ist Deutschland am Samstag Favorit. So sieht das auch Christoph Brandner, in der DEL tätiger Stürmer der Österreicher. „Deutschland ist eigentlich stärker als wir. Wir müssen einen guten Tag erwischen, um sie zu besiegen“, sagt Brandner, er selbst befindet sich in einer etwas diffizilen Situation: Mit Christian Ehrhoff, Robert Müller und Daniel Kunce spielen drei Spieler aus Krefeld im deutschen Team, mit denen er vor noch nicht einmal zwei Wochen die deutsche Meisterschaft feierte; mit Torwart Müller ist Brandner sogar befreundet.

Vor ein paar Tagen schauten sich die beiden zusammen noch Fotos von der Meisterschaft an. „Die Meisterschaft mit Krefeld werde ich nie vergessen“, sagt Brandner. Müller wird seinerseits alles unternehmen, um seinem Freund nicht noch mehr unvergessliche Momente zu bescheren. Vor allem kein Córdoba auf Eis. CHRISTIANE MITATSELIS