DIE PDS VERABSCHIEDET SICH AUF RATEN VON DER POLITIK
: Hickhack statt Sozialismus

Die DVU erledigte sich durch obskure Debatten, Zänkereien und Grabenkämpfe selbst. Die PDS ist gerade dabei, der braunen Truppe auf diesem Weg zu folgen. Die Unterschiede sind marginal: Bei der DVU waren Vorbestrafte Wortführer, bei der PDS sind es Stasi-Spitzel. Die DVU nutzte das Mittel der Denunziation, die PDS das der Taschenkontrolle. Die DVU hatte programmatisch nie etwas zu bieten, die PDS hat es nicht mehr.

Stell dir vor, es tobt ein Streit um die Zukunft des Sozialstaates – und die Sozialisten haben nichts dazu zu sagen. Dabei waren die Voraussetzung zur Profilierung selten so gut wie derzeit. Doch statt sich mit der Schröders Sozialstaats-Streichliste zu befassen, befassen sich die Genossen lieber mit sich selbst. Als vor Wochenfrist die „sozialistische Alternative“ zu Schröders Plänen geboren werden sollte, lehnte der PDS-Vorstand es ab, sich überhaupt mit dem Thema zu befassen. Nicht nur, dass die PDS damit ihre Vorsitzende Gabi Zimmer neuerlich düpierte. Sie hat zu der aktuellen Debatte auch ungefähr so viel beigesteuert wie die DVU.

Um zu retten, was nicht mehr zu retten ist, zimmerte Parteichefin Gabi daraufhin einen Streitruf zusammen, der – aus sieben Allgemeinplätzen bestehend – weder gehaltvoll noch der Debatte wert ist. Und trotzdem bekommt es die Partei nicht einmal hin, wenigstens darüber zu streiten.

Sollen die Allgemeinplätze Grundlage eines Sonderparteitages sein? Oder lieber nicht? In jedem Fall darf das Hickhack getrost als letzter Versuch gewertet werden, sich seriös auf der politischen Bühne zu Wort zu melden. Entsprechend vehement treten jene Realpolitiker für einen Sonderparteitag ein, die auf Landesebene in Verantwortung stehen. Allerdings sind diese Realpolitiker mitverantwortlich am Zustand der Partei – wenn auch aus der anderen Richtung. Wozu soll man auch eine Partei wählen, die sich zwar „sozial“ nennt – aber Kindergartengebühren anhebt, um bankrotte Landesbanken zu stützen? Wozu auch braucht man eine Partei, die sich verbal der „Erneuerung“ verschreibt – im Gestaltungsfall dann aber alles so belässt, wie es schon immer war?

Eines immerhin wird die Genossen trösten: Dank des Parteivorständlers und Wessis Diether Dehm bleibt ihnen ein altes Lamento erhalten: Schuld ist immer der Westen. NICK REIMER