LeserInnenbriefe
: Betr.: Irreversibel, taz hamburg vom 25.4.03

Kopieren

(...) Englisch ab der 1. Klasse – an den Waldorfschulen seit vielen Jahrzehnten erfolgreiche Praxis, längst aus der Modell- und Erprobungsphase heraus – wird einfach kopiert und in den Fächerkanon der staatlichen Schulen eingefügt. Man nehme, kopiere und füge ein!

Dagegen kann von der Sache her auch gar nichts eingewendet werden, kommt es doch vielen Schülerinnen und Schülern zugute. Und darum sollte es uns allen letztendlich gehen. Es ist nur wie immer bedauerlich, dass niemand – weder von Seiten der Behörde, noch von Seiten der Presse – bereit ist, auch einmal darauf hinzuweisen, dass es sich bei all den so genannten Innovationen eben gar nicht um solche handelt, sondern um eine Übernahme altbewährter Praktiken der Waldorfschulen. Projektarbeit, Theaterspiel, Praktika, Epochenunterricht, künstlerische Gestaltung von Schulräumen ... die Liste der an den Waldorfschulen seit eh und je zum Standard gehörenden Dinge, für die man sich im Laufe der Zeit auch an den staatlichen Schulen hat erwärmen können, ist lang.

Wenn die Schulbehörde als nächsten Schritt vielleicht auch Französischunterricht ab der 1. Klasse einführt wie an den Waldorfschulen, wenn man gar Eurythmie zum Pflichtfach erhebt, wird sich die Waldorfschulbewegung sicherlich auch weiterhin für die staatlichen Schülerinnen und Schüler freuen, aber man würde es dann begrüßen, wenn die Lehrerinnen und Lehrer auch im Sinne der Waldorfpädagogik ausgebildet würden, um nicht nur kopieren und einfügen zu müssen (wie gut, dass die PC-Funktion „Ausschneiden“ nicht möglich ist), sondern selber erfahren zu können, was es wirklich bedeutet, im Sinne der Waldorfpädagogik zu unterrichten.

Ruth Bronsema (Seminar für Waldorf-Pädagogik)