Krieg, Elend, Leiden

Gruner&Jahr zeigt die Ausstellung „World Press Photo 2003“: Der Opferperspektive gehört auch in diesem Jahr die Aufmerksamkeit. Mit Peter Bialobrzeski kommt nur ein Preisträger aus Deutschland

von PETER AHRENS

Krieg, Elend, Not, Trauer – seit jeher der Stoff, aus dem preisgekrönte Pressefotos gemacht sind. So war es auch in diesem Jahr, als die besten Ergebnisse des Fotojournalismus beim Wettbewerb um das „World Press Photo 2003“ gekürt wurden. Die Ausstellung ist jetzt bei Gruner&Jahr am Baumwall zu sehen.

„Der gute, alte Fotojournalismus“ habe hier noch sein Forum, hat Geo-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede bei der Eröffnung der Ausstellung betont. Lifestyle-Ästhetik schleicht sich auch beim „World Press Photo“ ab und an in die Ausstellung, wenn zum Beispiel Leonardo di Caprio porträtiert wird. Doch im Vordergrund steht auch 2003 die Wiedergabe des menschlichen Leidens. Nicht nur im Siegerfoto des armenisch-amerikanischen Fotografen Eric Grigorian. Sein Bild des trauernden iranischen Kindes am Grab seines Vaters nach dem schweren Erdbeben des Vorjahres ist jetzt bereits auf dem Weg, ein Klassiker der Pressefotografie zu werden und ist dementsprechend oft bereits abgebildet worden. Der Reiz des Bildes: Im Unterschied zu Fotos aus dem Vorjahr ist das tote Opfer selbst nicht zu sehen – umso nachdrücklicher spiegelt sich das Leid im Gesicht des Jungen.

Deutsche FotografInnen sind unter den diesjährigen Preisträgern nur einmal vertreten. Der in Hamburg lebende Peter Bialobrzeski gewann den ersten Preis in der Kategorie „The Arts Stories“ mit einer Fotoserie zum Thema „Megacities of Asia“ – eine Arbeit für Geo, wie Gaede als der zuständige Chefredakteur in seiner Eröffnungsrede natürlich besonders gern erwähnt hat. Bialobrzeski zeigt die asiatischen Metropolen als unwirkliche, surreale Gebilde, die nichts organisch Gewachsenes mehr zu besitzen scheinen, sondern aussehen wie reine Computeranimationen.

Wenn Gaede daran appelliert, sich nicht nur den Fotos zu widmen, die auf den Schlachtfeldern und Unglücksorten der Erde von Palästina bis Afghanisatn entstanden sind, dann wird das weitgehend ein frommer Wunsch bleiben. Sportfotos, Prominenten- und Alltagsschnappschüsse – an sich verdienen sie genauso viel Aufmerksamkeit, erfüllen sie schließlich die Aufgabe, BetrachterInnen auch für das vermeintlich Normale gefangen zu nehmen. Doch letztlich wird es auch 2003 so ausgehen, dass die Zeugnisse von Krieg und Tod bei der Rezeption der Ausstellung haften bleiben.

Für das Image des Wettbewerbs ist das auch gar nicht schlecht: Das Ziel der JurorInnen, die Menschen für die Opfer von Krieg und Unterdrückung zu sensibilisieren, ist in den Zeiten des embedded journalism ein hehres. Dafür muss man die Gefahr der Ästhetisierung von Gewalt wohl in Kauf nehmen.

Die Ausstellung World Press Photo ist noch bis zum 25. Mai bei G&J zu sehen. Montag bis Sonntag 10-18 Uhr, mittwochs 10-20 Uhr. Der Eintritt ist frei.